Auē von Becky Manawatu

Ich habe den Roman für den Stopp in Neuseeland im Rahmen meiner literarischen Weltreise vom Verlag zur Verfügung gestellt bekommen und war sehr gespannt darauf, mehr über das Leben und die Kultur der Māori zu erfahren.

Klappentext

Neuseeland, heute. Nach dem Verschwinden seiner Eltern lässt der junge Maori Taukiri seinen achtjährigen Bruder Ari zurück, flieht mit seinem Surfbrett und seiner Gitarre auf die Nordinsel, um dort dem Strudel aus Verzweiflung und Schuld zu entkommen, in den er hineingeboren wurde. Doch auē ertönt im Geräusch des Meeres, das er liebt und zugleich hasst, in der Musik, die er der Gitarre entlockt, die seinem Vater gehörte, in der Gewalt, die seine Familie verfolgt, bestimmt die Scham darüber, dass er seinen Bruder alleine gelassen hat.
Aber sein Bruder Ari ist stärker, als es den Anschein hat, und er hat eine Freundin, und seine Freundin hat einen Hund, und diese drei zusammen sind vielleicht stark genug, um den Strudel aus Verzweiflung und Schuld umzukehren.

Meine Meinung

„Aue“ ist ein Roman, den man nicht einfach liest, sondern in den man sich hineinkämpft – und den man dennoch nicht so schnell vergisst. Trotzdem hat er mich persönlich weniger überzeugt – allerdings vor allem deshalb, weil ich mit einer völlig anderen Erwartung an den Roman herangegangen bin. Ich hatte mir erhofft, stärker in die kulturellen Hintergründe der Māori und die Geschichte Neuseelands einzutauchen. Anfangs hat das noch ganz gut geklappt, doch danach verlor sich dieser Aspekt. Zwar gibt es Begriffe und Namen auf Māori, doch die Familiengeschichte an sich hätte für mich genauso gut in Miami oder auf Hawai’i funktioniert. Am meisten habe ich noch aus dem Glossar am Ende des Buches mitgenommen, das man vielleicht schon vor dem Lesen heranziehen sollte. Wer also gerade auf diese kulturelle Ebene gespannt ist, könnte – so wie ich – enttäuscht werden. Aber für alle, die auf der Suche nach einem komplexen spannenden Familienroman sind, kann „Auē“ sicher sehr bereichernd sein.  

Strukturell ist der Roman anspruchsvoll: drei Hauptfiguren, viele Nebencharaktere sowie mehrere Zeitsprünge, die sich erst nach und nach zu einem Gesamtbild verweben. Anfangs fiel es mir schwer, die Beziehungen und Verflechtungen zu durchschauen, doch sobald diese klarer wurden, gewann die Geschichte deutlich an Kraft.

Inhaltlich ist „Auē“ extrem düster und gewalthaltig. Die Thematik reicht von Kriminalität und Drogen bis hin zu häuslicher Gewalt, Misogynie und traumatischen Verlusten. Viele Szenen sind daher nur schwer auszuhalten. Und für mich persönlich nahmen diese drastischen und bildhaften Darstellungen zu viel Raum ein – es gab zwar durchaus auch berührende Momente, gerade in der Perspektive der Kinder – aber leider schafften diese kleinen Lichtblicke wie bspw. die Anspielungen auf Django unchained nicht, die Düsternis zu durchbrechen.

Sprachlich überzeugt der Roman sehr: Jede Perspektive hat ihren eigenen Ton, die Darstellung ist kraftvoll und atmosphärisch dicht. Allerdings erfordert der Stil volle Konzentration, was das Lesen mitunter anstrengend macht. Zudem empfand ich einige Passagen als langatmig; eine straffere Erzählung hätte dem Buch gutgetan.

Fazit

„Auē“ ist ein emotional herausfordernder Roman, der Liebe und Gewalt untrennbar miteinander verknüpft, aber keiner, der zu meinen persönlichen Favoriten wird. Wer auf der Suche nach einer authentisch-kulturellen Māori-Erzählung ist, könnte enttäuscht sein. Wer jedoch eine düstere, vielschichtige Familiengeschichte voller Liebe und Schmerz (aber leider wenig Hoffnung) zu schätzen weiß, könnte in diesem Buch sehr viel mehr finden, als ich es letztlich konnte.

Kostenloses Rezensionsexemplar

Ich habe dieses Buch als kostenloses Rezensionsexemplar vom Bloggerportal zur Verfügung gestellt bekommen. Dies beeinflusst in keiner Weise meine Meinung.

Bibliografie

Titel: Auē

Autorin: Becky Manawatu

Übersetzung: Jana Grohnert

Verlag & Copyright: Kröner

Seitenzahl: 464

Erscheinungstermin: 24.04.2025

Preis: 27 € (Hardcover)

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