Eat.READ.sleep Lesekreis Göttingen

Ich liebe das Lesen. Und den Austausch darüber. Daher bin ich dem Team vom eat.READ.sleep Podcast auch so dankbar, dass sie in ganz Deutschland Lesekreise ins Leben gerufen haben und sich auch in meiner Heimatstadt einer zusammengefunden hat. Die Ausgestaltung ist von Ort zu Ort ganz unterschiedlich, wir in Göttingen handhaben es so, dass wir uns in einem Restaurant treffen (für das eat) und zwei Bücher besprechen, die wir beim letzten Mal ausgelost haben. Dabei gilt: es kommen nur Lektüren in den Lostopf, die entweder schon eine von uns gelesen oder zumindest angelesen und für Lesekreiswürdig befunden hat. D.h. zum einen natürlich, dass das Buch gut war aber zum anderen auch, dass man darüber sprechen kann. Natürlich quatschen wir auch noch über andere Dinge, wie Neuzugänge oder All-Time-Favorites oder wir spielen eine Runde Stadt-Land-Buch.

Da unser Lesekreis bereits zwei Jahre alt wird, habe ich mir gedacht, auf dieser Seite unsere bisherigen Lesekreisbücher inkl. unserer Bewertung aufzulisten. Viel Spaß beim Stöbern!

Januar 2025:

Matt Haig: Ich und die Menschen, Droemer, 352 S., ET: 03.03.2025

Andrew Martin, Mathematikprofessor aus Cambridge, kann sich nur wundern: Über sich selbst, denn er läuft nackt über eine Autobahn, empfindet beim Gedanken an Essen Übelkeit und mag weder seine liebevolle Frau Isobel noch ihren gemeinsamen Sohn Gulliver. Vor allem aber über den Rest der Menschheit mit ihrem Ehrgeiz, ihrem Egoismus und ihren zerstörerischen Leidenschaften.

Andrew ist nicht er selbst, und er hat eine Mission. Doch die konfrontiert ihn mit all den anderen wunderbaren, chaotischen und unbegreiflichen Aspekten des Menschseins, vom Lachen über Mitgefühl bis zur Liebe. Können Isobel und der eigenbrötlerische Gulliver Andrews Meinung über die Menschen ändern? 

Jennifer Egan: Manhattan Beach, Fischer, 494 S., ET: 23.10.2019

New York – von der Marinewerft in Brooklyn zu den schillernden Nachtclubs in Manhattan, von den Villen auf Long Island zu den Absteigen in der Bronx. 1942 sind die Männer an der Front, die Frauen stehen in der Fabrik. Aber Anna möchte ein besseres Leben. Seitdem der Vater verschwunden ist, sorgt sie für ihre Mutter und die pflegebedürftige Schwester. Während Anna den Vater nicht vergessen kann, verfolgt sie bestimmt ihren großen Traum: Unter die gigantischen Kriegsschiffe an den Docks möchte sie tauchen, um sie zu reparieren. Ein Beruf zu gefährlich für eine Frau – genauso wie die New Yorker Unterwelt, in der sich die Spur ihres Vaters verlor.

Dezember 2024:

Rebecca Makkai: Die Optimisten, Eisele, 624 S., ET: 30.03.2020

Chicago, 1985: Yale ist ein junger Kunstexperte, der mit Feuereifer nach Neuerwerbungen für seine Galerie sucht. Gerade ist er einer Gemäldesammlung auf der Spur, die seiner Karriere den entscheidenden Schub verleihen könnte. Er ahnt nicht, dass ein Virus, das gerade in Chicagos „Boys Town“ zu wüten begonnen hat, einen nach dem anderen seiner Freunde in den Abgrund reißen wird. 

Paris, 2015: Fiona spürt ihrer Tochter nach, die sich offenbar nicht finden lassen will. Die Suche nach der Tochter gestaltet sich ebenso zu einer Reise in die eigene Vergangenheit, denn in Paris trifft sie auf alte Freunde aus Chicago, die sie an das Gefühlschaos der Achtzigerjahre erinnern und sie mit einem großen Schmerz von damals konfrontieren.

Bewertung: Schulnote: 3. Bei diesem Buch waren wir uns ungewöhnlich einig: interessantes Thema, damalige Zeit gut dargestellt, atmosphärisch – aber unnahbare Figuren und zu viele Handlungsstränge, daher vor allem zu lang.

November 2024:

Hervé Le Tellier: Die Anomalie, Rowohlt, 352 S., ET: 16.08.2022

Im März 2021 fliegt eine Boeing 787 auf dem Weg von Paris nach New York durch einen elektromagnetischen Wirbelsturm. Die Turbulenzen sind heftig, doch die Landung glückt. Allerdings: Im Juni landet dieselbe Boeing mit denselben Passagieren ein zweites Mal in New York. Im Flieger sitzen der Architekt André und seine Geliebte Lucie, der Auftragskiller Blake, der nigerianische Afro-Pop-Sänger Slimboy, der französische Schriftsteller Victor Miesel, eine amerikanische Schauspielerin. Sie alle führen auf unterschiedliche Weise ein Doppelleben. Und nun gibt es sie tatsächlich doppelt − sie sind mit sich selbst konfrontiert, in der Anomalie einer verrückt gewordenen Welt.

Bewertung: Schulnote: 2,75. Das Buch hat viele spannende und witzige Elemente, die gut unterhalten. Manche vielversprechenden Ideen werden jedoch nicht weiterverfolgt, was etwas unbefriedigend ist. Trotz gelegentlicher Längen eine lesenswerte Lektüre.
Für mich persönlich war die Vorstellung, mir selbst zu begegnen, schon ziemlich gruselig, denn gäbe es dann ein Original? Wer wäre die Fälschung? Daher würde ich diesen originellen Roman sowohl ins Science-Fiction als auch ins Thriller Genre einsortieren.

Meine Rezension findet ihr hier.

A. Lagoda: Ein Garten über der Elbe, Penguin, 384 S., ET: 13.03.2024

Hamburg, 1913: Als Hedda ihre Stelle als Obergärtnerin bei der jüdischen Bankiersfamilie Clarenburg antritt, hat sie es nicht leicht. Auf dem parkähnlichen Anwesen oberhalb der Elbe ist sie die erste Frau auf diesem Posten und wird von den ausschließlich männlichen Kollegen entsprechend kritisch beäugt. Auch körperlich wird ihr viel abverlangt, denn das Anwesen über der Elbe ist riesig, und der Erste Weltkrieg fordert ihr gärtnerisches Können noch einmal besonders heraus. Trotzdem gelingt es Hedda, hier ihren gärtnerischen Traum zu verwirklichen – bis hin zum Amphitheater im römischen Stil, das zum Mittelpunkt prachtvoller Feste und Theateraufführungen wird. Doch als sich in den 1930er Jahren die Zeiten verdüstern, geraten sowohl Hedda, die jüdische Vorfahren hat, als auch die Familie Clarenburg immer mehr in Bedrängnis.

Bewertung: Schulnote: 3,4. von behandelt eine interessante Thematik und spielt an einem atmosphärisch schönen Ort. Trotz dieser gelungenen Kulisse fehlt es der Handlung jedoch an Tiefe, und die Charaktere wirken nicht immer ganz stimmig und authentisch. Die meisten Leser vergaben eine solide Note 3, was die Stärken des Settings würdigt, aber auch inhaltliche Schwächen aufzeigt.

Oktober 2024:

Verena Keßler: Eva, Hanser, 208 S., ET: 20.03.2023

Was, wenn Sina nicht schwanger werden kann? Wenn Mona nie Kinder bekommen hätte? Wäre die Welt dadurch ein besserer Ort? Ja, findet Klimaaktivistin Eva Lohaus: Nur ein Geburtenstopp kann unseren Planeten noch retten. Während sie mit den Konsequenzen ihrer radikalen Vision kämpft, hadern die Schwestern Sina und Mona mit ihren eigenen Lebensentwürfen. Aus der Ferne beneiden, aus der Nähe bemitleiden sie sich, gemeinsam versuchen sie, Verantwortung und Erwartungsdruck zu widerstehen. Doch erst die Begegnung mit Monas neuer Nachbarin verändert unseren Blick aufs Muttersein wirklich.

Bewertung: Schulnote: 1,8. „Eva“ von Verena Kessler löste schnell eine Debatte über die K-Frage und das Muttersein aus. Das Buch selbst bekam von der Hälfte von uns Bestnoten, das schlechteste war eine Drei. Kritisiert wurde insbesondere die einfache Sprache. Aber die authentischen Figuren, ihre Geschichten und ihr Verhalten gaben uns tiefe Einblicke in vier völlig verschiedene Lebenssituationen, von denen wir vermutlich nur eine wirklich verstehen. Um es mit den Worten der Autorin zu sagen: „Man hat entweder Kinder oder man hat keine. Niemand macht beide Erfahrungen.“ (S. 164).

Mareike Fallwickl: Und alle so still, Rowohlt, 368 S., ET: 16.04.2024

An einem Sonntag im Juni gerät die Welt aus dem Takt: Frauen liegen auf der Straße. Reglos, in stillem Protest. Hier kreuzen sich die Wege von Elin, Nuri und Ruth. Elin, Anfang zwanzig, eine erfolgreiche Influencerin, der etwas zugestoßen ist, von dem sie nicht weiß, ob es Gewalt war. Nuri, neunzehn Jahre, der die Schule abgebrochen hat und versucht, sich als Fahrradkurier, Bettenschubser und Barkeeper über Wasser zu halten. Ruth, Mitte fünfzig, die als Pflegefachkraft im Krankenhaus arbeitet und deren Pflichtgefühl unerschöpflich scheint.

Bewertung: Schulnote: 2,4. Dieses Buch löste unterschiedliche Reaktionen aus. Den Meisten gefiel es ausgezeichnet; nur zwei von uns waren nach „Die Wut, die bleibt“ etwas enttäuscht (ich auch). Aber das Gedankenexperiment, dass Frauen sämtliche Arbeit, bezahlt oder unbezahlt, einstellen, fanden wir alle sehr spannend. Und schon waren wir bei der Frage: „Würden wir mitmachen?“

Beide Bücher eignen sich hervorragend für einen Lesekreis; allerdings haben wir gestern einmal mehr bedauert, dass noch kein Mann zu unserer Runde gehört.

September 2024:

Altes Land von Dörte Hansen, Penguin, 288 S., ET: 14.12.2020

Das „Polackenkind“ ist die fünfjährige Vera auf dem Hof im Alten Land, wohin sie 1945 aus Ostpreußen mit ihrer Mutter geflohen ist. Ihr Leben lang fühlt sie sich fremd in dem großen, kalten Bauernhaus und kann trotzdem nicht davon lassen. Bis sechzig Jahre später plötzlich ihre Nichte Anne vor der Tür steht. Sie ist mit ihrem kleinen Sohn aus Hamburg-Ottensen geflüchtet, wo ehrgeizige Vollwert-Eltern ihre Kinder wie Preispokale durch die Straßen tragen – und wo Annes Mann eine Andere liebt. Vera und Anne sind einander fremd und haben doch viel mehr gemeinsam, als sie ahnen.

Bewertung: Schulnote: 1,7. An diesem Buch gefielen uns insbesondere die starken Figuren, wohingegen die Handlung weniger im Fokus stand.

Yoga Town von Daniel Speck, S. Fischer, 480 S., ET: 18.10.2023

2019. Eine Berliner Yogalehrerin, die noch nie in Indien war. Ihr liebevoller Vater, der in der Vergangenheit hängt. Und ihre Mutter, die spurlos verschwindet.

Lucy und ihr Vater Lou gehen auf die Suche, zurück an den Ort, wo alles begann:

1968. Zwei Brüder und zwei Frauen fahren auf dem Hippie-Trail nach Indien. In Rishikesh am Fuß des Himalayas treffen sie ihre Idole, die Beatles. Und den Pop-Guru Maharishi. Sie haben die beste Zeit ihres Lebens. Aber nur zwei von ihnen kehren zurück. Lou hat etwas Unverzeihliches getan. Und Corinna ist schwanger. Als ihre Tochter geboren wird, schwören sie, ihr Geheimnis niemandem zu verraten.

Bewertung: Schulnote: 2,4. „Yoga Town“ hatte vor allem eine tolle Atmosphäre, die uns wirklich nach Indien Reisen ließ. Ich persönlich war etwas enttäuscht, da mir im Vergleich zu seinen anderen Büchern der Tiefgang gefehlt hat.

Meine Rezension findet ihr hier.

August 2024:

Killie Walden: Pirouetten, Reprodukt, 400 S.

Jeden Morgen dasselbe. Aufstehen, Schlittschuhe packen und ab zur Eissporthalle, während draußen noch alles Nacht ist. Die Wochenenden werden in glitzernden Kostümen bei Wettkämpfen verbracht. Leistung abrufen, lächeln. Und dann alles wieder von vorn.

Seit ihrer Kindheit bestimmt Eiskunstlauf den Rhythmus von Tillie Waldens Leben. Doch auf dem Weg ins Erwachsenenalter gerät der strikte Plan ins Wanken: Zwischen allen Erwartungen, die in der Schule, zu Hause und auf dem Eis an sie gestellt werden, setzt sich eine junge Frau durch, die ihre Homosexualität entdeckt und ihre Freiheit zurückerobert.

Bewertung: Diese Graphic Novel war ein Experiment, denn die meisten von uns können mit dem Genre wenig anfangen. Bei der Bewertung waren wir uns im Grunde einig: zu viele Themen, daher zu wenig Tiefe, teilweise etwas verwirrend, die Illustrationen sind Geschmackssache, Atmosphäre des Leistungssports (Eiskunstlauf) kam gut rüber und die Zielgruppe sind eindeutig Teenager. Worüber wir lange diskutiert haben, war, ob man als junger Mensch, gerade hinsichtlich der Frage der eigenen Sexualität, etwas aus diesem Buch mitnehmen kann, was die meisten verneinten. Ich würde in dem Fall auch eher die „Heartstopper“ Reihe von Alice Oseman empfehlen (auch toll verfilmt von Netflix).

Sarah Winman: Lichte Tage, Klett-Cotta, 240 S., ET: 18.02.2023

Alles beginnt mit einem Gemälde, das Dora Judd an die Wand ihres Wohnzimmers hängt. Fünfzehn Sonnenblumen, wie sie van Gogh im warmen Licht Südfrankreichs malte. Jahre später reist ihr Sohn Ellis zusammen mit seinem besten Freund Michael der Sonne entgegen. Sie tauschen die grauen Straßen Oxfords, das Arbeiterviertel mit der Autowerkstatt und die Fäuste ihrer Väter gegen die Poesie und das Licht des Südens. Gemeinsam entdecken sie, welche Möglichkeiten ihnen das Leben eröffnet, doch auch die Prägungen ihrer Herkunft brechen immer deutlicher hervor. Dann tritt Annie in ihr Leben, und das ändert gleichzeitig nichts und alles.

Bewertung: Bei diesem Buch gingen die Meinungen schon mehr auseinander: viele hat die schöne Sprache begeistert, einige führte das Cover etwas in die Irre (Van Goghs Sonnenblumen sind nur der Aufhänger, ansonsten geht es nicht um Kunst), den Prolog fanden wir alle super, dann fiel leider der Spannungsbogen stark ab, die Handlung zieht sich und gleichzeitig ist es emotional dicht erzählt, einige fanden es berührend und traurig, andere mochten das Liebes-/Beziehungsdreieck nicht (ratet mal, wer). Fazit: kann man lesen, muss man aber nicht. Die Gestaltung ist aber echt wunderschön.

Juli 2024:

Saubere Zeiten von Andreas Wunn, Aufbau Verlag, 381 S., ET: 14.02.2023

Als Jakob Auber erfährt, dass sein Vater im Sterben liegt, macht er sich auf ins Zuhause seiner Kindheit, an der Mosel. Dort beginnt er, sich mit der Vergangenheit seiner Familie zu beschäftigen. Sein Großvater Theodor Auber war im Wirtschaftswunder-Deutschland eine schillernde Figur. Er erfand ein Waschpulver, mit dem er ein reicher Mann wurde, bis er unter ungeklärten Umständen alles verlor. Seine Spurensuche führt Jakob bis nach Rio de Janeiro. Dort trifft er die Tochter des jüdischen Besitzers der Drogerie, in der die Karriere seines Großvaters einst begann. Jakob erfährt, was hinter Aufstieg und Fall des Familienimperiums steckt. In seinem Roman erzählt Andreas Wunn eine große Geschichte von Vätern und Söhnen, Schuld und Sprachlosigkeit zwischen den Generationen und dem Glück einer Familie, das in den Händen zerrinnt wie Pulver.

Bewertung: Dass es eine gute Vater-Sohn bzw. Familiengeschichte ist,  dabei stimmen noch alle zu. Doch während die einen die verschiedenen Themengebiete schätzen, gehen sie den anderen nicht weit genug. Auch über das Frauenbild kann man diskutieren. Ich zitiere: „Sobald sie sich begegnen hüpft sie aus dem Höschen“… Ich fand den Roman trotzdem großartig.

Blackbird von Matthias Brandt, KiWi, 336 S., ET: 07.04.2022

Als der 15-jährige Morten Schumacher, genannt Motte, einen Anruf bekommt, ist in seinem Leben nichts mehr, wie es einmal war. Sein bester Freund Bogi ist plötzlich sehr krank. Aber das ist nur eine der herzzerreißenden Explosionen dieses Jahres, die Mottes Leben komplett auf den Kopf stellen. Kurz danach fährt Jacqueline Schmiedebach vom Einstein-Gymnasium auf einem Hollandrad an ihm vorbei, und die nächste Erschütterung nimmt ihren Lauf. 

Bewertung: Berührend, humorvoll und eine ganz tolle Sprache, sagen die einen – langweilig, nervige Sprache und man braucht lange zum reinkommen, sagen die anderen. Ich persönlich hätte es ohne den Lesekreis abgebrochen bzw. es wäre gar nicht bei mir eingezogen.

Juni 2024:

Nino Haratischwili: Das mangelnde Licht, Ullstein, 832 S., ET: 11.01.2024

Zwischen den feuchten Wänden und verwunschenen Holzbalkonen der Tbilisser Altstadt finden Ende der Achtzigerjahre vier Mädchen zusammen, auf den ersten Blick so unterschiedlich wie irgend denkbar und doch aufs Innigste miteinander verbunden. Die erste große Liebe, die nur im Verborgenen blühen darf, die aufbrandende Gewalt in den Straßen, die Stromausfälle, das ins Land gespülte Heroin und die Gespaltenheit einer jungen Demokratie im Bürgerkrieg – allem trotzt ihre Freundschaft, bis ein unverzeihlicher Verrat und ein tragischer Tod sie schließlich doch auseinandersprengen. Erst 2019 in Brüssel, anlässlich einer großen Retrospektive mit Fotografien ihrer toten Freundin, kommt es zu einer Begegnung, die vielleicht Vergebung möglich macht.

Bewertung: Schulnote: 2,5. Bei diesem Buch sind wir uns einig: 200 Seiten weniger hätten ihm gut getan, insbesondere am Anfang zieht sich die Geschichte. Mir war es zu wenig Georgien, aber alle fanden die Gruppendynamik zwischen den vier so unterschiedlichen Frauen interessant. Fazit: gutes Buch, aber „Das achte Leben ist (viel) besser.

Stephan Schäfer: 25 letzte Sommer, Ullstein, 176 S., ET: 14.03.2024

Am Küchentisch eines alten Bauernhauses treffen zwei Menschen aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Der Erzähler dieser Geschichte führt ein gehetztes Leben, das er als endlose To-do-Liste empfindet; Karl hingegen sortiert Tag für Tag Kartoffeln – und denkt nach. Als Karl seinen Gast mit der Tatsache konfrontiert, dass ihm noch ungefähr 25 Sommer bleiben, beginnen beide ein Gespräch über die großen Fragen des Lebens: Warum verbringen wir so viel Zeit mit unserer Arbeit anstatt mit den Menschen und Dingen, die uns wirklich wichtig sind? Woher nehmen wir den Mut, unsere eigenen Träume zu verwirklichen? Und warum beginnt das richtige Leben oft erst, wenn wir erkennen, dass wir nur eines haben?

Bewertung:  Schulnote: 4,5. Zugegeben, „25 letzte Sommer“ ist wunderschön aufgemacht und lässt sich gut weglesen, aber echte Begeisterung sieht anders aus. Es erinnerte uns stark an „Das Café am Rande der Welt“ von John Strelecky und steckt voll altbekannter Lebenswahrheiten, die natürlich alle viel einfacher gesagt (oder geschrieben), als umzusetzen sind. Mich würde ja mal interessieren, wie eine Autorin so eine Geschichte (dann natürlich über zwei Frauen) erzählen würde…

Mein Fazit: Leider überhaupt nichts Neues und etwas zu gewollt tiefsinnig. Lest lieber John Streleckys „Das Café am Rande der Welt“.

Meine Rezension findet ihr hier.

April 2024:

Yellowface von Rebecca F. Kuang, Eichborn, 383 S., ET: 29.02.2024

June Hayward und Athena Liu könnten beide aufstrebende Stars der Literaturszene sein. Doch während die chinesisch-amerikanische Autorin Athena für ihre Romane gefeiert wird, fristet June ein Dasein im Abseits. Niemand interessiert sich für Geschichten „ganz normaler“ weißer Mädchen, so sieht es June zumindest.
Als June Zeugin wird, wie Athena bei einem Unfall stirbt, stiehlt sie im Affekt Athenas neuestes, gerade vollendetes Manuskript, einen Roman über die Heldentaten chinesischer Arbeiter während des Ersten Weltkriegs.
June überarbeitet das Werk und veröffentlicht es unter ihrem neuen Künstlernamen Juniper Song. Denn verdient es dieses Stück Geschichte nicht, erzählt zu werden, und zwar egal von wem? Aber nun muss June ihr Geheimnis hüten. Und herausfinden, wie weit sie dafür gehen will.

Bewertung: Schulnote: 1 (die Bewertung ist etwas verzerrt, da nur die Fans eine Note abgegeben haben…). Ein absolutes Jahreshighlight sagen die einen; zu wenig in die Tiefe, sagen die anderen. Das konnten wir Fans natürlich nicht so stehen lassen. Die Geschichte ist vielschichtig, sehr gut übersetzt (manche haben es sogar auf Englisch und auf Deutsch gelesen!) und behandelt das Thema kulturelle Aneignung, die Frage von Urheberschaft und bietet einen interessanten Einblick in die Verlagswelt. Außerdem ist die Protagonistin sehr vielschichtig, und obwohl sie nicht wirklich sympathisch ist fiebert man mit. Es waren übrigens nicht nur diejenigen, die sich als Teil der Buchbubble verstehen, begeistert. Doch anderen fehlte die tiefere Reflexion über die angesprochenen Themen.

Meine Rezension findet ihr hier.

Adas Fest von Katrin Burseg, Diana, 384 S., ET: 26.04.2023

Ein Strandhaus an der französischen Atlantikküste mitten im Sommer. Doch der schöne Schein trügt. Der ansteigende Meeresspiegel verschlingt die Küste, und auch ›Les Vagues‹, an das die 74-jährige Ada vor vielen Jahren ihr Herz verloren hat, droht bei einem der nächsten Herbststürme ins Meer zu kippen. Ein letztes Mal noch möchte Ada ein rauschendes Fest feiern: in Erinnerung an ihren Mann, den berühmten Maler Leo Kwant, zusammen mit ihren Kindern, Freunden von früher und Vincent, dem Restaurantbesitzer aus dem Ort. Als die erwachsenen Töchter mit eigenen Sorgen anreisen, entgeht ihnen zunächst, dass Ada und Vincent etwas verbindet, das mit der Vergangenheit zu tun hat. Doch was Ada all die Jahre vor ihnen verheimlicht hat, ist so aufwühlend und tiefgreifend zugleich – es wird ihrer aller Leben für immer verändern.

Bewertung: Den einen hat es ganz gut gefallen; die anderen haben es nach spätestens 60 Seiten abgebrochen (u.a. ich), vor allem weil die Geschichte einfach nicht in Gang kam. Dass man am Anfang durchhalten muss, bejahten auch unsere Befürworterinnen des Buches. Das Spannende an der Diskussion war jedoch, dass sie uns (also den Abbrecherinnen), die Geschichte doch noch so schmackhaft machen konnten, dass die ein oder andere das Buch vielleicht doch noch zu Ende lesen wird.

März 2024:

Flächenland von A. Abott, Franzbecker, 160 S., ET: 2016

Dieses Buch ist ein Klassiker der Science-Fiction-Literatur. Ein altes Quadrat erzählt uns vom Leben im Flächenland und seinen Ausflügen in das Raumland und das Linienland. Dabei erfahren wir nicht nur Interessantes über andere Dimensionen, sondern auch über Auswirkungen riskanten Denkens in einer Welt, in der das Mögliche mehr Rechte hat als das Wirkliche.

Bewertung: Schulnote 2,5 (aber mit einer ganz großen Standardabweichung!). Also hiermit konnte ich beim Lesekreis nicht punkten, denn bei den meisten hielt sich die Begeisterung über die mathematische Abbildung einer Gesellschaft zu philosophieren, irgendwie in Grenzen. Sie stimmten mir zwar zu, dass es eine interessante Idee für ein Gedankenspiel sei, aber ansonsten hielt sich die Begeisterung in Grenzen und verwiesen auf die Zielgruppe Mathematiker*innen…

Meine Rezension findet ihr hier.

Februar 2024:

Echtzeitalter von Tonio Schachinger, Rowohlt, 368 S., ET: 14.03.2023

Ein elitäres Wiener Internat, untergebracht in der ehemaligen Sommerresidenz der Habsburger, der Klassenlehrer ein antiquierter und despotischer Mann. Was lässt sich hier fürs Leben lernen? Till Kokorda kann weder mit dem Kanon noch mit dem snobistischen Umfeld viel anfangen. Seine Leidenschaft sind Computerspiele, konkret: das Echtzeit-Strategiespiel Age of Empires 2. Ohne dass jemand aus seiner Umgebung davon wüsste, ist er mit fünfzehn eine Online-Berühmtheit, der jüngste Top-10-Spieler der Welt. Nur: Wie real ist so ein Glück?

Bewertung: Schulnote: 4. „Echtzeitalter“ von Tonio Schachinger hat 2023 den deutschen Buchpreis bekommen, was wir nicht so ganz nachvollziehen konnten, uns aber auch nicht wirklich wichtig ist. Ihr seht schon, die Begeisterung hält sich in Grenzen… Es war so eine Geschichte, die man lesen kann, aber auch nichts verpasst, wenn man sie nicht liest. Wir haben uns die ganze Zeit gefragt: „Kommt da noch was?“ – Spoiler: Nein! Ich habe meine Schulzeit im Marianum durchaus wieder erkannt, insbesondere den Dolinar, aber so ganz konnten wir nicht glauben, dass es solche Lehrpersonen in der heutigen Zeit noch geben kann, auch wenn er eine interessante Figur abgibt, über die sich gut diskutieren lässt. In der Gaming-Szene sahen viele von uns einen Gegenpol zum traditionellen Schulalltag, aber während ich davon ausging, dass dieser Plot eine viel größere Rolle einnehmen und ich in alten Age of Empire Zeiten schwelgen könnte (was leider nicht gelang), waren den anderen diese Passagen wohl eher egal.

Meine Rezension findet ihr hier.

Die Kinder sind Könige, von Delphine de Vigan, Dumont, 320 S., ET: 07.03.2022

Mélanie war asl junges Mädchen ein großer Fan von Formaten wie „Big Brother“. Sie hatte stets davon geträumt, gesehen und berühmt zu werden. Jahre später, als Mutter zweier Kinder, ist es ihr gelungen: Sie ist eine erfolgreiche Youtuberin mit Tausenden von Followern. Objekt ihrer Videos und Posts sind ihre Kinder, die auf Schritt und Tritt gefilmt werden. Seit Kurzem komt ihre kleine Tochter Kimmy dem Filmen jedoch immer unwilliger nach. Mélanie tut das als eine Laune ab. Denn wie könnte man die unendliche Liebe, die ihnen aus dem Netz entgegenkommt, als Last empfinden? Kurz darauf verschwindet Kimmy nach einem Versteckspiel spurlos.

Bewertung: Schulnote: 1. Auch bei „Die Kinder sind Könige“ von Delphine de Vigan waren wir uns einig: eine großartige Geschichte! Aktuell, gesellschaftskritisch und intelligent geschrieben. Die Entführung ließ sich gut aushalten, der Spannungsbogen ist gut gewählt und vor allem hat das Buch ein versöhnliches Ende. Nur mit Claras Figur konnten wir nicht ganz so viel anfangen.
Unser Fazit: Ein perfektes Lesekreisbuch!

Meine Rezension findet ihr hier.

Januar 2024:

Paradise Garden von Elena Fischer, Diogenes, 352 S., ET: 23.08.2023

Die 14-jährige Billie verbringt die meiste Zeit in ihrer Hochhaussiedlung. Am Monatsende reicht das Geld nur für Nudeln mit Ketchup, doch ihre Mutter Marika bringt mit Fantasie und einem großen Herzen Billies Welt zum Leuchten. Dann reist unerwünscht die Großmutter aus Ungarn an, und Billie verliert viel mehr als nur den bunten Alltag mit ihrer Mutter. Als sie Marika keine Fragen mehr stellen kann, fährt Billie im alten Nissan allein los – sie muss den ihr unbekannten Vater finden und herausbekommen, warum sie so oft vom Meer träumt, obwohl sie noch nie da war.

Bewertung: Schulnote: 1. Der Hype um dieses Buch ist absolut gerechtfertigt, denn auch uns konnte es richtig begeistern und wir hatten viel zu der Geschichte zu besprechen.

Meine Rezension findet ihr hier.

Blutbuch von Kim de L’Horizon, Dumont, 336 S.; ET: 19.07.2022

Die Erzählfigur in ›Blutbuch‹ identifiziert sich weder als Mann noch als Frau. Aufgewachsen in einem Schweizer Vorort, lebt sie nun in Zürich, ist den engen Strukturen der Herkunft entkommen und fühlt sich im nonbinären Körper und in der eigenen Sexualität wohl. Doch dann erkrankt die Großmutter an Demenz, und das Ich beginnt, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen: Warum sind da nur bruchstückhafte Erinnerungen an die eigene Kindheit? Wieso vermag sich die Großmutter kaum von ihrer früh verstorbenen Schwester abzugrenzen? Und was geschah mit der Großtante, die als junge Frau verschwand? Die Erzählfigur stemmt sich gegen die Schweigekultur der Mütter und forscht nach der nicht tradierten weiblichen Blutslinie.

Bewertung: Schulnote: 5. Also allein für die Diskussion im Lesekreis hat es sich für mich gelohnt, „Blutbuch“ von Kim de l’Horizon zu lesen. Ohne ihn hätte ich es nämlich schon nach der ersten sexuellen Anspielung abgebrochen, denn die sind hart an der Grenze zum Geschmacklosen und hätten gern in die Triggerwarnung aufgenommen werden dürfen. Auch sonst konnte ich mit dem Buch leider nichts anfangen: die Sprache, der Stilmix, der nichtlineare Erzählstil… All das erfordert wirklich größte Konzentration beim Lesen. Mir kam es so vor als hätte Kim de l’Horizon dieses Buch in erster Linie für sich selbst gebraucht und geschrieben: als Vergangenheitsbewältigung, Identitätssuche und Selbstfindung. Daraus entstand ein Roman (obwohl ich nicht sicher bin, dass dieser Begriff hier überhaupt passt), in dem ich meine, ganz viel von der schreibenden Person wiederzufinden.

Meine Rezension findet ihr hier.

Dezember 2023:

Die Verwandelten von Ulrika Draesner, Penguin, 608 S., ET: 08.02.2023

Eine nationalsozialistische Vorzeigemutter, die anderen beibringt, wie Kinder zu erziehen sind, doch über das Wichtigste, was sie verloren hat, niemals spricht. Eine Köchin, die lieber Frauen geliebt hätte als den Dienstherrn, unterwegs durch das zerstörte Deutschland im Sommer 1945. Ein Mädchen in München Solln, geboren in einem Lebensbornheim der SS. Eine alleinerziehende Anwältin von heute, die nach dem Tod ihrer Mutter unverhofft eine Wohnung in Wrocław erbt – und einen polnischen Zweig der Familie entdeckt. Alle Figuren verbindet ein Jahrhundert von Krieg und Nachkrieg, Flucht und Vertreibung, von Gewalt. Was bedeutet es, in einem Staat zu leben, der Menschenzucht betreibt? Und wie darüber schreiben, was den Frauen im Krieg geschieht? Was ihnen die Sprache nimmt. Was sie für immer verwandelt. Und wie über die unsichtbare Kraft, die verhindert, dass sie daran zerbrechen?

Bewertung: Schulnote: 4. Bei den Verwandelten waren wir uns im Großen und Ganzen einig: interessante Geschichte, wichtiges historisches Thema, aber der schwergängige Sprachstil macht’s schwer lesbar. Ohne den Lesekreis hätte ich es abgebrochen…

Oktober 2023:

Muss ich das gelesen haben von Theresa Reichl, Haymon, 232 S., ET: 16.03.2023

Wie das Patriarchat über „wichtige“ Literatur entscheidet, unsere Weltsicht prägt – und warum wir jetzt etwas dagegen tun müssen
Beginnen wir mit einer beliebten UnwahrheitJugendliche wollen nicht mehr lesen. Absoluter Quatsch, sagt Autorin Teresa Reichl. Vielmehr ist es so: Wir müssen endlich mit den verstaubten Kanon-Listen und den ewig gleichen Autoren (!) aufräumen. Tun wir das nicht, gefährden wir die Zukunft des Lesens. Denn: Wie kann es sein, dass nur eine Perspektive zum Klassiker taugt? Wie sollen wir uns für Bücher begeistern, wenn Geschichten wieder und wieder und wieder aus einer ähnlichen Sicht erzählt werden? Wenn nur bestimmte Autoren (weiß, männlich, heterosexuell …) als große Literaten gefeiert werden? Am besten haben wir keine Meinung zu Klassikern, die von der allgemeinen abweicht, und falls doch, sind wir vielleicht einfach nicht „intelligent“ genug oder wir haben diese „hohe Kunst“ einfach nicht verstanden. Woher das alles kommt? Welcome to patriarchy! Ja, das Patriarchat hat überall Einfluss – auch auf das, was und wie wir lesen. Es ist deshalb Zeit für den nächsten logischen feministischen Schritt: Die Literatur und ihre Geschichte werden umgeschrieben. Werden divers. Werden endlich korrigiert.

Bewertung: Schulnote: 2. „Muss ich das gelesen haben?“ Hier waren wir uns alle einig: Ja. Allerdings muss man sich schon auf die durchgängige und etwas rotzige Jugendsprache einlassen.

Meine Rezension findet ihr hier.

Die Schönheit der Differenz von Hedjia Haam, btb, 560 S., ET: 14.03.2022

Hadija Haruna-Oelker, Journalistin, Politikwissenschaftlerin und Moderatorin beschäftigt sich seit langem mit Rassismus, Intersektionalität und Diskriminierung. Sie ist davon überzeugt, dass wir alle etwas von den Perspektiven anderer in uns tragen. Dass wir voneinander lernen können. Und einander zuhören sollten. In ihrem Buch erzählt sie ihre persönliche Geschichte und verbindet sie mit gesellschaftspolitischem Nachdenken. Sie erzählt von der Wahrnehmung von Differenzen, von Verbündetsein, Perspektivwechseln, Empowerment und von der Schönheit, die in unseren Unterschieden liegt.

Bewertung: Ich muss gestehen, dass ich mir anscheinend den Klappentext überhaupt nicht durchgelesen habe und daher dachte, es geht um Mathematik… Aber auch wenn es eine ganz andere Thematik behandelt und sich weder schnell noch gemütlich weglesen lässt, ist es doch ein Buch aus dem wir privilegierten weißen Leserinnen viel mitgenommen haben…

Die Liebe an miesen Tagen von Ewald Arenz, Dumont, 384 S., ET: 16.01.2023

Vom ersten Moment an wissen Clara und Elias, dass sie füreinander bestimmt sind. Damit ändert sich alles: Elias kann nicht länger verdrängen, dass er mit seiner Freundin in einem falschen Leben steckt. Und Clara begreift, dass es Zeit wird, das selbst gewählte Alleinsein aufzugeben. Auf das wilde Glück der ersten Tage folgt die erste Bewährungsprobe, und die beiden zweifeln und kämpfen mit- und umeinander. Kann man, nicht mehr ganz jung und beladen mit Lebenserfahrung, noch einmal oder überhaupt zum ersten Mal die Liebe finden und leben?

Bewertung: Schulnote: 2. Ich fand’s großartig, aber es gab auch weniger begeisterte Stimmen. Ewald Arenz scheint zwar für die meisten eine sichere Bank, doch hier war die Liebesgeschichte allein wohl zu wenig. Daher wiederhole ich meine Theorie, dass man entweder dieses Buch oder „Alte Sorten“ vom gleichen Autor liebt – beide zugleich ist eher unwahrscheinlich (dass man keins von beiden mag aber auch…).

Meine Rezension findet ihr hier.

September 2023:

Die geheimste Erinnerung der Menschen von Mohammed Mbongow Sarr, Hanser, 448 S., ET: 24.11.2022

Mohamed Mbougar Sarr erzählt virtuos von der Suche nach einem verschollenen Autor: Als dem jungen Senegalesen Diégane ein verloren geglaubtes Kultbuch in die Hände fällt, stürzt er sich auf die Spur des rätselhaften Verfassers T.C. Elimane. Dieser wurde in den dreißiger Jahren als „schwarzer Rimbaud“ gefeiert, nach rassistischen Anfeindungen und einem Skandal tauchte er jedoch unter. Wer war er? Voll Suchtpotenzial und unnachahmlicher Ironie erzählt Sarr von einer labyrinthischen Reise, die drei Kontinente umspannt. Ein meisterhafter Bildungsroman, eine radikal aktuelle Auseinandersetzung mit dem komplexen Erbe des Kolonialismus und eine soghafte Kriminalgeschichte. Ein Buch, das viel wagt – und triumphiert.

Bewertung: nicht möglich, denn durch „Die geheimste Erinnerung der Menschen“ von Mohamed Mbougar Sarr hat sich nur eine von uns „durchgequält“. Alle anderen (mich eingeschlossen) haben abgebrochen. Zu anstrengend zu Lesen, zu wenig Handlung, zu problematisch die Sprache. Dabei fanden wir die Thematik wirklich interessant.

Die Sammlerin der verlorenen Wörter von Pipp Williams, Diana, 528 S., ET: 11.04.2022

Oxford, Ende des 19. Jahrhunderts. Esme wächst in einer Welt der Wörter auf. Unter dem Schreibtisch ihres Vaters, der als Lexikograph am ersten Oxford English Dictionary arbeitet, liest sie neugierig heruntergefallene Papiere auf. Nach und nach erkennt sie, was die männlichen Gelehrten oft achtlos verwerfen und nicht in das Wörterbuch aufnehmen: Es sind allesamt Begriffe, die Frauen betreffen. Entschlossen legt Esme ihre eigene Sammlung an, will die Wörter festhalten, die fern der Universität wirklich gesprochen werden. Sie stürzt sich ins Leben, findet Verbündete, entdeckt die Liebe und beginnt für die Rechte der Frauen zu kämpfen.

Bewertung: Schulnote: 2. Dieses Buch fanden wir alle toll und im Original wäre es vermutlich sogar ein Highlight geworden. Denn auch wenn Themen wie Feminismus, Liebe oder Verlust angesprochen werden, stehen letztendlich immer die Wörter im Vordergrund – und die englische Sprache.

Meine Rezension findet ihr hier.

August 2023:

Die Wut die bleibt von Mareike Fallwickl, Rowohlt, 384 S.; ET: 22.03.2022

Helene, Mutter von drei Kindern, steht beim Abendessen auf, geht zum Balkon und stürzt sich ohne ein Wort in den Tod. Die Familie ist im Schockzustand. Plötzlich fehlt ihnen alles, was sie bisher zusammengehalten hat: Liebe, Fürsorge, Sicherheit.
Helenes beste Freundin Sarah, die ­Helene ­ihrer Familie wegen zugleich beneidet und bemitleidet hat, wird in den Strudel der ­Trauer und des Chaos gezogen. Lola, die ­älteste Tochter von Helene, sucht nach einer ­Möglichkeit, mit ihren Emotionen fertigzuwerden, und konzentriert sich auf das Gefühl, das am stärksten ist: Wut.
Drei Frauen: Die eine entzieht sich dem, was das Leben einer Mutter zumutet. Die anderen beiden, die Tochter und die beste Freundin, müssen Wege finden, diese Lücke zu schließen. Ihre Schicksale verweben sich in diesem bewegenden und kämpferischen Roman darüber, was es heißt, in unserer Gesellschaft Frau zu sein.

Bewertung: Schulnote: 1,5. „Die Wut, die bleibt“ führte bei uns gleich zu einer Grundsatzdiskussion über Patriarchat, Gleichberechtigung und Körperbehaarung. Unglaublich wie viel wir immer noch dazulernen müssen! Mütter mag das Buch aufrütteln und wütend – oder vielleicht besser – mutig machen. Kinderlosen Freundinnen kann es eine neue Perspektive bieten und Männern wird (vielleicht) ein Spiegel vorgehalten, in dem sie die Wirklichkeit erkennen. Ob die Lektüre auch etwas für Jugendliche ist, mag ich aufgrund des Weges, den Lola einschlägt, nicht beurteilen.
In jedem Fall ist es das perfekte Leserundenbuch, denn diese Geschichte will besprochen werden!

Meine Rezension findet ihr hier.

Jaffa Road von Daniel Speck, Fischer, 672 S., ET: 31.08.2022

Eine Villa am Meer unter Palmen: Die Berliner Archäologin Nina reist nach Palermo, um das Erbe ihres verschollenen Großvaters Moritz anzutreten. Dort begegnet sie ihrer jüdischen Tante Joëlle – und einem mysteriösen Mann, der behauptet, Moritz’ Sohn zu sein. Elias, ein Palästinenser aus Jaffa.
Haifa, 1948: Unter den Bäumen der Jaffa Road findet das jüdische Mädchen Joëlle ein neues Zuhause. Für das palästinensische Mädchen Amal werden die Orangenhaine ihres Vaters zur Erinnerung an eine verlorene Heimat. Beide ahnen noch nichts von dem Geheimnis, das sie verbindet, in einer außergewöhnlichen Lebensreise rund ums Mittelmeer.

Bewertung: Schulnote: 2. „Jaffa Road“ begeisterte uns mit seiner interessante Familiengeschichten zwischen Palästina und Israel als „unterhaltsame Geschichtsstunde(n)“, vor allem gab es viel zu den Charakteren zu sagen.

Meine Rezension findet ihr hier.

Juli  2023:

Die Herrenausstatterin von Mariana Leky, Dumont, 208 S., ET: 18.08.2011

Katja Wiesberg verschwimmt die Welt vor Augen. Ihr Mann ist fort, und sie ist ihren Job los. Katja ist allein. Da sitzt auf einmal ein älterer Herr auf dem Rand ihrer Badewanne und stellt sich als Dr. Blank vor. Es ist der Geist ihres ehemaligen Nachbarn. Und noch ein Fremder taucht auf: Nachts steht ein Feuerwehrmann vor der Tür, der behauptet, zu einem Brand gerufen worden zu sein – und nicht wieder geht. Mit entwaffnender Zutraulichkeit nistet er sich in Katjas Leben ein. Erst allmählich begreift sie, wie gut er ihr tut: Ein kleinkrimineller Feuerwehrmann, der Karatefilme liebt, ist gerade das Richtige, um sie zurück ins Leben zu holen.

Bewertung: Schulnote: 5, was nicht ganz repräsentativ ist, da nur die zwei von uns Noten abgegeben haben, die das Buch wegen der seltsamen und unverständlichen Geschichte abgebrochen haben. Die meisten waren tatsächlich begeistert, weil es einen trotz der Schicksalsschläge nicht runterzieht, sondern hoffnungsvoll zurücklässt. Das kann ich allerdings nicht beurteilen, denn ich konnte weder zur Geschichte noch ihren Figuren eine Beziehung aufbauen, so dass ich es nach 50 Seiten abgebrochen habe., abgebrochen sprachlich toll, aber die Geschichte ist mir einfach zu krude und unverständlich

Phlox von Jochen Schmidt, C.H. Beck, 479 S., ET: 15.09.2022

Es ist das letzte Mal, dass Richard Sparka mit seiner Gefährtin Klara und den Kindern Karl und Ricarda nach Schmogrow im Oderbruch fährt, denn das Haus, in dem er als Kind immer seine Ferien verbrachte, wird nach demTod der bezaubernd-eigenwilligen Besitzer verkauft. Aber Richard entdeckt, dass sein geliebtes, naturnahes Selbstversorger-Glück an diesem Ort auch dunkle Züge trägt.

Bewertung: Dieses Buch haben bis auf eine alle abgebrochen, daher gibt es hierzu keine Bewertung…

Der Gärtner von Wimbledon, Kampa, 256 S., ET: 23.03.2023

Großbritannien 1938. Für die junge Rose Blake ist Wimbledon der Ort, an dem ihr größter Traum in Erfüllung gehen könnte. Doch die Zeit ist nicht reif: Wenn es nach ihren Eltern geht, und in der Regel geht es nach ihren Eltern, soll Rose eine gute Ehefrau werden und keine Profi-Tennisspielerin. Für Henry Evans ist Wimbledon der Ort, an dem er und Rose sich so nah gekommen sind wie nirgendwo sonst. Denn die beiden Teenager trennen Welten: Rose, Tochter aus besserem Hause, spielt Chopin auf dem Klavier und lernt Französisch, Henry, dessen Mutter viel zu früh verstorben ist, gehört zum Hauspersonal: Er wohnt nur auf dem Anwesen, weil sein Vater bei Familie Blake als Gärtner angeheuert hat. Und doch führt das Leben Rose und Henry zusammen. Er darf ihr Balljunge sein, sie bringt ihm Tennis bei, er nimmt sie auf seinem Fahrrad mit. Sie freunden sich an, sie verlieben sich. Bis der Krieg sie schmerzlich trennt. Henry geht den für ihn einzig denkbaren Weg: Er wird der Gärtner von Wimbledon – und bleibt es fünfzig Jahre lang. Immer in der Hoffnung, dass auch Rose eines Tages zurückkehren wird …

Bewertung: Schulnote: 1,5. Hier waren wir uns schnell einig, dass es einfach eine schöne melancholische Liebesgeschichte mit interessanten Figuren und viel Downton Abbey Vibes für einen gemütlichen Leseabend ist. Allerdings hätte ich etwas mehr Rasenpflegethematik erwartet…

Meine Rezension findet ihr hier.

Juni 2023:

Die Harpyie von Megan Hunter, C.H. Beck, 229 S., ET: 21.02.2021

Als Lucy erfährt, dass ihr Ehemann Jake sie betrügt, soll eine verhängnisvolle Abmachung die Ehe retten: Drei Mal darf Lucy Jake bestrafen. Wann und auf welche Weise, entscheidet sie. Ein gefährliches Spiel zwischen Rache und Vergebung entbrennt – und schließlich erwacht eine Seite in Lucy, die schon immer tief in ihr geschlummert hat. Bildreich und sprachmächtig erzählt Megan Hunter ein atemberaubendes, dunkles Märchen über eine Verwandlung, aus der es kein Zurück mehr gibt.

Bewertung: Bei diesem Buch waren uns mal wieder einig: Von Seite 15 bis 184 ist ein brillant erzählter Einblick in die Psyche einer betrogenen Ehefrau. Daher haben wir einfach nicht verstanden, warum sie auf den letzten Seiten den Sprachstil um 180 Grad dreht und von der klaren stringenten Erzählweise zu einem mystisch-unverständlichen „Geschwurbel“ wechselt.

Meine Bewertung findet ihr hier.

Tyll von Daniel Kehlmann, Rowohl, 480 S., ET: 29.03.2019

Bewertung: Schulnote: 3,5. Bei „Tyll“ von Daniel Kehlmann waren die Erwartungen angesichts des Hypes um dieses Buch natürlich hoch, konnten in unseren Augen aber leider nicht erfüllt werden. Uns fehlte Handlung, historischer Wissenszuwachs und vor allem eine pfiffig erdachte Biografie Till Eulenspiegels.

Sprachgewaltig, modern, mitreißend: Der Spiegelbestseller über eine legendäre historische Figur und eine aus den Fugen geratene Welt vom international gefeierten Daniel Kehlmann. Tyll Ulenspiegel – Vagant, Schausteller und Provokateur – wird zu Beginn des 17. Jahrhunderts als Müllerssohn geboren. Sein Vater, ein Magier und Welterforscher, gerät mit der Kirche in Konflikt. Tyll muss fliehen, die Bäckerstochter Nele begleitet ihn. Auf seinen Wegen durch das von den Religionskriegen verheerte Land begegnen sie vielen kleinen Leuten und einigen der sogenannten Großen. Ihre Schicksale verbinden sich zu einem Zeitgewebe, zum Epos vom Dreißigjährigen Krieg. Und mittendrin Tyll, jener rätselhafte Gaukler, der eines Tages beschlossen hat, niemals zu sterben.

April 2023:

Liebes Arschloch von Despentes, KiWi, 336 S., ET: 09.02.2023

Rebecca, Schauspielerin, über fünfzig und immer noch recht gut im Geschäft. Oscar, dreiundvierzig, Schriftsteller, der mit seinem zweiten Roman hadert, und Zoé, noch keine dreißig, Radikalfeministin und Social-Media-Aktivistin.  Diese drei, die unterschiedlicher nicht sein könnten, treffen nach einem verunglückten Instagram-Post Oscars aufeinander. Wie? Digital. Und so entsteht ein fulminanter Briefroman des 21. Jahrhunderts, in dem alle wichtigen gesellschaftlichen Themen unserer Zeit verhandelt werden. Rebecca, Oscar, Zoé, alle drei sind vom Leben gezeichnet, voller Wut und Hass auf andere – und auf sich selbst. Aber sie müssen erkennen, dass diese Wut sie nicht weiterbringt, sondern nur einsamer macht, dass Verständnis, Toleranz und sogar Freundschaft erlernbar und hin und wieder sogar überlebenswichtig sind.

Bewertung: Hier gingen die Meinungen stark auseinander.

Für mich ist „Liebes Arschloch“ empfehlenswerter Roman für einen Rotwein-Leseclub am Abend.

Meine Rezension findet ihr hier.

New York Ghost von Ling Ma, CultureBooks, 360 S., ET: 23.03.2023

Candace Chen arbeitet für einen Verlagsdienstleister am Times Square, zuständig für die Herstellung von Themenbibeln in Asien. So hingebungsvoll folgt sie ihren täglichen Routinen, dass sie erst gar nicht bemerkt, wie tödliche Pilzsporen über New York hereinbrechen, importiert mit billigen Konsumgütern.
Während das Fieber rasant um sich greift, bleibt Candace stoisch auf ihrem Posten. Anfragen wollen geschrieben, Deadlines eingehalten, Arbeitszeiten erfasst werden. Geködert von einem Bonus ihres Arbeitgebers, ist sie bald die letzte in ihrem Büro – und schließlich in ganz New York.
Die beißende Satire auf den modernen Kapitalismus entwirft ein unheimlich vertrautes Schreckensszenario und fragt erbarmungslos, was uns wirklich wichtig ist.

Bewertung: Ich glaube, vor der Pandemie wäre es ein extrem gutes Buch gewesen. Doch jetzt erzählt es mir einfach nichts Neues und die Geschichte wirkt langweilig. Schade.

Meine Rezension findet ihr hier.

März 2023:

Matrix von Lauren Groff, Ullstein, 320 S., ET: 01.09.2022

Marie ist siebzehn Jahre alt, groß und ungelenk und nach allgemeiner Ansicht ungeeignet für die Ehe und das höfische Leben. Sie verehrt ihre Königin, Eleonore von Aquitanien, doch die verstößt sie mit einem Lächeln: Marie soll Priorin eines abgelegenen Klosters werden, irgendwo im Schlamme Englands, fern von den zärtlichen Zuwendungen ihrer Dienerin. Lebendig begraben in der Gemeinschaft verarmter, frierender, hungernder Nonnen – ausgerechnet sie, die aus einer Familie von Kriegerinnen stammt und alles andere als fromm ist. Doch in der Abgeschlossenheit des Klosters findet Marie für sich und ihre Schwestern ungeahnte Möglichkeiten von weltlichem Einfluss, Wohlstand und neuer Gemeinschaft.

Das Buch habe ich abgebrochen.

Eine Frage der Chemie von Bonnie Garmus, Pieper, 464 S., ET: 31.03.2022

Elizabeth Zott ist eine Frau mit dem unverkennbaren Auftreten eines Menschen, der nicht durchschnittlich ist und es nie sein wird. Doch es ist 1961, und die Frauen tragen Hemdblusenkleider und treten Gartenvereinen bei. Niemand traut ihnen zu, Chemikerin zu werden. Außer Calvin Evans, dem einsamen, brillanten Nobelpreiskandidaten, der sich ausgerechnet in Elizabeths Verstand verliebt. Aber auch 1961 geht das Leben eigene Wege. Und so findet sich eine alleinerziehende Elizabeth Zott bald in der TV-Show „Essen um sechs“ wieder. Doch für sie ist Kochen Chemie. Und Chemie bedeutet Veränderung der Zustände …

Bewertung: Schulnote 2: Tolle Unterhaltung und ein gelungener Mix aus Humor und Ernsthaftigkeit.

Meine Rezension findet ihr hier.

Februar 2023:

Dschinns von Fatma Aydem, Hanser, 368 S., ET: 14.02.2022

Dreißig Jahre hat Hüseyin in Deutschland gearbeitet, nun erfüllt er sich endlich seinen Traum: eine Eigentumswohnung in Istanbul. Nur um am Tag des Einzugs an einem Herzinfarkt zu sterben. Zur Beerdigung reist ihm seine Familie aus Deutschland nach. Fatma Aydemirs großer Gesellschaftsroman erzählt von sechs grundverschiedenen Menschen, die zufällig miteinander verwandt sind. Alle haben sie ihr eigenes Gepäck dabei: Geheimnisse, Wünsche, Wunden. Was sie jedoch vereint: das Gefühl, dass sie in Hüseyins Wohnung jemand beobachtet. Voller Wucht und Schönheit fragt „Dschinns“ nach dem Gebilde Familie, den Blick tief hineingerichtet in die Geschichte der vergangenen Jahrzehnte und weit voraus.

Bewertung: Schulnote 1: Tolle und authentische Familiengeschichte. Sehr authentische Einblicke in die Türkische Gemeinschaft in den 1990er Jahren, besonders die unterschiedlichen Erzählperspektiven sind toll.

Meine Rezension findet ihr hier.

Offene See von Benjamin Meyers, Dumont, 270 S., ET: 20.03.2020

Der junge Robert weiß schon früh, dass er wie alle Männer seiner Familie Bergarbeiter sein wird. Dabei ist ihm Enge ein Graus. Er liebt Natur und Bewegung, sehnt sich nach der Weite des Meeres. Daher beschließt er kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, sich zum Ort seiner Sehnsucht, der offenen See, aufzumachen. Fast am Ziel angekommen, lernt er eine ältere Frau kennen, die ihn auf eine Tasse Tee in ihr leicht heruntergekommenes Cottage einlädt. Eine Frau wie Dulcie hat er noch nie getroffen: unverheiratet, allein lebend, unkonventionell, mit sehr klaren und für ihn unerhörten Ansichten zu Ehe, Familie und Religion. Aus dem Nachmittag wird ein längerer Aufenthalt, und Robert lernt eine ihm vollkommen unbekannte Welt kennen. In den Gesprächen mit Dulcie wandelt sich sein von den Eltern geprägter Blick auf das Leben. Als Dank für ihre Großzügigkeit bietet er ihr seine Hilfe rund um das Cottage an. Doch als er eine wild wuchernde Hecke stutzen will, um den Blick auf das Meer freizulegen, verbietet sie das barsch. Ebenso ablehnend reagiert sie auf ein Manuskript mit Gedichten, das Robert findet. Gedichte, die Dulcie gewidmet sind, die sie aber auf keinen Fall lesen will.

Bewertung: Schulnote 1. Mein absolutes Lesereis-Highlight, dass ich ohne den Buchclub nie entdeckt hätte. Eine leise Geschichte, die es schafft eine intensive Athmosphäre zu kreieren.

Meine Rezension findet ihr hier.

Januar 2023:

Das 8. Leben von Nino Haratischwili, Ullstein, 1280 S. ET: 08.09.2017

Dieser Roman ist über die Literaturwelt gekommen wie ein Naturereignis: ein wuchtiges Familienepos, das am Beispiel von sechs Generationen außergewöhnlicher Frauen das ganze pralle 20. Jahrhundert mit all seinen Umbrüchen und Dramen, Katastrophen und Wundern erzählt. Vom Georgien am Vorabend des Ersten Weltkriegs bis ins Deutschland zu Anfang des neuen Millenniums spannt Nino Haratischwili den Bogen. Alles beginnt mit Stasia, Tochter eines angesehenen Schokoladenfabrikanten. Mit ihrer Geburt setzt die Geschichte ein, die fortan wie ein gewaltiger Strom mit unzähligen Nebenarmen und Verwirbelungen durch Europa zieht und den Leser bis zur letzten Seite in ihrem Sog gefangen hält.

Bewertung: Schulnote 1, großartiges Familienepos, man fliegt praktisch durch 1.000 Seiten georgischer Familiengeschichte

Meine Rezension findet ihr hier.

Die Gespenster von Denim von Verena Kessler, dtv, 240 S., ET: 16.03.2022

Larry lebt in einer Stadt mit besonderer Geschichte – Ende des Zweiten Weltkriegs fand in Demmin der größte Massensuizid der deutschen Geschichte statt. Für Larry ist ihre Heimatstadt aber vor allem eins: langweilig. Sie will so schnell wie möglich raus in die Welt und Kriegsreporterin werden. Während Larry mit den Unzumutbarkeiten des Erwachsenwerdens kämpft, steht einer alten Frau der Umzug ins Seniorenheim bevor. Beim Aussortieren ihres Hausstands erinnert sie sich an das Kriegsende in Demmin und trifft eine folgenschwere Entscheidung.
Mit Leichtigkeit und Witz erzählt Verena Keßler von Trauer und Einsamkeit, von Freundschaft und der ersten Liebe. Ein Roman über die Sprachlosigkeit zwischen den Generationen und die Möglichkeit, sie zu überwinden.

Bewertung: Schulnote 3, sehr interessantes Thema, verpackt in ein Jugendbuch. Könnte noch tiefer reingehen, Nebenhandlungen hätte es nicht gebraucht.

Meine Rezension findet ihr hier.

Dezember 2022:

Tausend strahlende Sonnen von Khaled Hosseini, Fischer, 400 S., ET: 20.02.2014

Mariam ist fünfzehn, als sie aus der Provinz nach Kabul geschickt und mit dem dreißig Jahre älteren Schuhmacher Raschid verheiratet wird. Jahre später erlebt Laila, ein Mädchen aus der Nachbarschaft, ein ähnliches Schicksal. Als ihre Familie bei einem Bombenangriff ums Leben kommt, wird sie Raschids Zweitfrau. Nach anfänglichem Misstrauen werden Mariam und Laila zu engen Freundinnen. Gemeinsam wehren sie sich gegen Raschids Brutalität und planen die Flucht…

Bewertung: Note 2, beklemmende Frauengeschichte, leider immer noch sehr aktuell und realistisch, nichts für zarte Gemüter

Das gruselige Bild, als ihr Mann sie zwang, Steine zu essen, bekomme ich vermutlich bis an mein Lebensende nicht aus dem Kopf…

Meine Rezension findet ihr hier.

November 2022:

Identitti von Metu Sanyal, Carl Hanser, 432 S., ET: 15.02.2021

Was für ein Skandal: Prof. Dr. Saraswati ist WEISS! Schlimmer geht es nicht. Denn die Professorin für Postcolonial Studies in Düsseldorf war eben noch die Übergöttin aller Debatten über Identität – und beschrieb sich als Person of Colour. Als würden Sally Rooney, Beyoncé und Frantz Fanon zusammen Sex Education gucken, beginnt damit eine Jagd nach „echter“ Zugehörigkeit. Während das Netz Saraswati hetzt und Demos ihre Entlassung fordern, stellt ihre Studentin Nivedita ihr intimste Fragen. Mithu Sanyal schreibt mit beglückender Selbstironie und befreiendem Wissen. Den Schleudergang dieses Romans verlässt niemand, wie er*sie ihn betrat.

Bewertung: Schulnote 3, lehrreich, abgefahren, akademisch, theoretisch

Meine Rezension findet ihr hier.

Oktober 2022:

Graue Bienen von Andrej Kurkow, Diogenes, 448 S., ET: 24.02.2021

Der Bienenzüchter Sergej lebt im Donbass, wo ukrainische Kämpfer und prorussische Separatisten Tag für Tag aufeinander schießen. Er überlebt nach dem Motto: Nichts hören, nichts sehen – sich raushalten. Ihn interessiert nur das Wohlergehen seiner Bienen. Denn während der Mensch für Zerstörung sorgt, herrscht bei ihnen eine weise Ordnung. Eines Frühlings bricht er auf: Er will die Bienen dorthin bringen, wo sie in Ruhe Nektar sammeln können.

Bewertung:

Meine Rezension findet ihr hier.

September 2022:

Arezu Weitholz „Beinahe Alaska“, Goldmann, 192 S., ET: 18.04.2022

Eine Fotografin, 45, kein Partner, keine Kinder, keine Eltern mehr, geht auf eine Kreuzfahrt von Grönland nach Alaska. Sie ist froh, dass ihr Beruf es ihr erlaubt, immer nach vorn zu sehen. Sie weiß, in der Leere der Arktis kann alles entstehen – und nichts. Natürlich melden sich unterwegs die nicht zu Ende gedachten Gedanken und offenen Fragen. Und es gibt an Bord kein Entkommen vor schrägen und nicht immer angenehmen Mitreisenden. Als das Schiff vor der vereisten Bellotstraße kehrtmachen muss, mit neuem Kurs auf Neufundland, begreift sie nach und nach, dass der Trick manchmal gerade im Beinahe-Ankommen besteht, auf Reisen wie im Leben.

Bewertung: Ohne den Lesekreis, hätte ich dieses Buch nie mit nach Hause genommen, obwohl Titel und Klappentext vielversprechend klingen. Ein Reisebericht einer alleinstehenden Mittvierzigerin über die Arktis ist ja eigentlich voll mein Beuteschema. Aber die ersten Seiten haben mich mit ihrer puren Ehrlichkeit geschockt. Da sagt uns die Autorin nämlich ganz direkt, was wir vom Roman (nicht) erwarten dürfen.

Meine Rezension findet ihr hier.

August 2022:

Jan Weiler „Der Markisenmann“, Heyne, 336 Seiten, ET: 21.03.2022

Was wissen wir schon über unsere Eltern? Meistens viel weniger, als wir denken. Und manchmal gar nichts. Die fünfzehnjährige Kim hat ihren Vater noch nie gesehen, als sie von ihrer Mutter über die Sommerferien zu ihm abgeschoben wird. Der fremde Mann erweist sich auf Anhieb nicht nur als ziemlich seltsam, sondern auch als der erfolgloseste Vertreter der Welt. Aber als sie ihm hilft, seine fürchterlichen Markisen im knallharten Haustürgeschäft zu verkaufen, verändert sich das Leben von Vater und Tochter für immer.

Bewertung Lesekreis: Schulnote 2 – perfekte Sommerlektüre auch für Daheimgebliebene, warmherzig & unterhaltsam

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