Das Geschenk von Gaea Schoeters

Ihr Debüt-Roman „Trophäe“ war ein mega Überraschungshighlight, entstanden aus einer Twitter-Anzeige für eine Jagdlizenz. Nun greift die Autorin eine Pressemitteilung aus 2024 auf, in der es heißt, dass uns Botswana 20.000 Elefanten schenken will – und zaubert daraus erneut einen sensationell guten Roman.

Klappentext

Elefanten mitten in der Großstadt, und es werden immer mehr. Was geht hier vor? Rasch muss der Bundeskanzler erkennen, dass die Tiere nicht aus dem Zoo entkommen, sondern ein Geschenk des Präsidenten von Botswana sind. 20 000 Elefanten hat er nach Deutschland geschickt, nachdem die deutsche Regierung ein Einfuhrverbot von Jagdtrophäen beschlossen und damit den armen Regionen Botswanas die Lebensgrundlage entzogen hat. »Ihr Europäer wollt uns vorschreiben, wie wir zu leben haben. Vielleicht solltet ihr es einmal selbst versuchen …«

Meine Meinung

Gaea Schoeters gelingt es einmal mehr, mit klugem Humor und scharfem Blick eine bissige Gesellschaftssatire zu schreiben, in sie eine aktuelle politische Debatte aufgreift und mit einem aberwitzigen Gedankenexperiment zuspitzt: 20.000 Elefanten mitten in Berlin – die man selbstverständlich nicht so einfach wieder „verschwinden“ lassen kann.

Allerdings müssen sich die Leser*innen schon darauf einlassen, dass die Tiere einfach so aus dem Nichts auftauchen, ohne zu hinterfragen, ob das logistisch überhaupt möglich wäre oder eine solche Operation auch nur den Hauch einer Chance hätte, unentdeckt durchgeführt zu werden.

Doch dann entfaltet sich aus dieser völlig absurden Ausgangssituation eine ebenso unterhaltsame wie tiefgründige Reflexion über Doppelmoral, globale Verantwortung und die komplexen Zusammenhänge von Tierschutz, Klimapolitik und Armut. Ohne erhobenen Zeigefinger hält Schoeters uns Europäer*innen einen Spiegel vor. Sie zeigt, wie wir dazu neigen, unsere moralischen Maßstäbe in andere Weltregionen zu exportieren, ohne deren Realitäten zu verstehen – und was passiert, wenn man uns mit unserer eigenen Logik konfrontiert. Dabei können die Elefanten als Metapher für viele Probleme der heutigen Zeit verstanden werden.

Außerdem gelingt es Schoeters gekonnt, die skurrilsten Bilder heraufzubeschwören, wie bspw. Affenbrotbäume an der Spree, Elefanten vor dem Bundestag und riesige Kothaufen, die weit mehr Probleme mit sich bringen als schlechten Geruch.

Das Ende hat mich besonders begeistert – klug konstruiert, überraschend und gleichzeitig stimmig. Es rundet nicht nur die Handlung gelungen ab, sondern verleiht der Geschichte eine zusätzliche Tiefe.

Die Figuren sind skurril, aber lebensecht – es braucht keine tiefen psychologischen Porträts, weil die Situationen selbst so scharf gezeichnet und gleichzeitig erschreckend plausibel sind. Besonders gelungen fand ich die Figur des Bundeskanzlers Winkler: ein idealistischer Politiker, der sich zunehmend im politischen Machtbetrieb verliert – ein Spiegel für viele reale Karrieren im Spannungsfeld zwischen Wähler*innenwillen und Idealismus.

Der Ton in „Das Geschenk“ ist deutlich leichter als in Schoeters‘ Vorgänger „Trophäe“ – vielleicht weil es hier mehr um die Situation als um die Figur eines einzigen Protagonisten geht. Auch das Thema ist nicht so heftig. Der Lesbarkeit hat das in „Trophäe“ keinen Abbruch getan, und hier wird ebensowenig an analytischer Schärfe eingebüßt. Gerade durch den Humor entsteht jene besondere Mischung aus Lachen und Weinen, die gute Satire auszeichnet. Viele Szenen wirken absurd – und sind gerade deshalb erschreckend realistisch.

Allerdings könnte ich mir vorstellen, dass sich viele nach dem Jahreshighlight „Trophäe“ auch hier mehr Hintergrundinformationen gewünscht hätten. Ich habe das eher als Stilmittel verstanden, welches unsere politische Landschaft sehr gut transportiert: wie die Bürger*innen unseres Landes fehlen auch den Leser*innen dieses Buches die Details…

Fazit:

Gaea Schoeters hat mit diesem Roman eine ebenso witzige wie bittere Politsatire geschrieben, die mit weniger als 200 Seiten zum Nachdenken anregt – über unser Selbstverständnis als moralische Instanz, über Globalpolitik, Doppelmoral und darüber, was passieren kann, wenn andere unsere Regeln wörtlich nehmen. Ein intelligentes, originelles Buch, das sich auch perfekt für Lesekreise eignet. Und das zeigt: Manchmal braucht es eben Elefanten, um unsere eigenen blinden Flecken sichtbar zu machen.

Kostenloses Rezensionsexemplar

Ich habe dieses Buch als kostenloses Rezensionsexemplar vom Zsolnay Verlag zur Verfügung gestellt bekommen. Dies beeinflusst in keiner Weise meine Meinung.

Bibliografie

Titel: Das Geschenk

Autorin: Gaea Schoeters

Verlag & Copyright: Zsolnay

Seitenzahl: 144

Erscheinungsdatum: 22.07.2025

Preis: 22 € (Hardcover)

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