Ich kenne Christine Westermann noch aus der Sendung „Zimmer frei“ und bin heute großer Fan ihres gemeinsamen Podcasts mit Mona Ameziane „Zwei Seiten“. Zu ihrer Biografie schreibt der Verlag: „Christine Westermann schreibt über die Lust zu lesen. Und damit eng verbunden über die Neugier auf das Leben der anderen. Mit ihrem neuen Buch erlaubt sie einen Einblick ins eigene Leben. Und in die vielen Bücher, die darin vorkommen.“ Damit hatten sie mich…
Klappentext
Eine Bibliothek mit Leiter wünscht sich Christine Westermann. Damit sie auch mal an die Bücher in der obersten Reihe kommt. An den Zauberberg von Thomas Mann aus dem Regal der Eltern zum Beispiel, an den sie sich lange nicht gewagt hat. Mit welchen Büchern ist sie aufgewachsen, welche sind noch heute eng mit ihrem Leben verknüpft? Warum hat Lesen lange Zeit nur eine kleine Rolle in ihrem Leben gespielt? Warum ist sie aus allen Wolken gefallen, als sie gefragt wurde, ob sie Lust habe, Buchempfehlungen fürs Radio zu machen? Wie schreibt man eine Empfehlung und warum soll es bei ihr nie ein Verriss sein?
Meine Meinung
Vermutlich könnte jeder Büchermensch seine Biografie in Lektüren ausdrücken, doch Christine Westermann hat dazu noch ein sehr interessantes (Bücher-)Leben (Mona würde an dieser Stelle wohl eher „wildes Leben“ sagen), was das Buch noch lesenswerter macht. Einziger Kritikpunkt: Wenn man ihren Podcast hört, kennt man die meisten Anekdoten schon, auch viele der Bücher, die sie vorstellt und in ihre Lebensgeschichte einbaut.
Am besten gefallen haben mir die Einblicke in die Welt des literarischen Quartetts und der Jury für den deutschen Buchpreis. So ähnlich habe ich mir das tatsächlich vorgestellt. Wenn es mal ein Buch in die Longlist schafft, das mir gefällt, fliegt es i.d.R. schon bei der Shortlist raus…
Ich bin zwar 25 Jahre jünger, beginne aber trotzdem bei der Lektüre auf meine Lebensstationen und die dazugehörigen Bücher zurückzuschauen. Bei Simenon denke ich an die Kriminalromane von Agatha Christie. Wenn Westermann von Kinderbüchern spricht, habe ich Ronja Räubertochter, Putzi und den Reiterhof Dreililien vor Augen. Nicht zu vergessen die dtv junior Reihe oder den Mathe Duden und sonntäglicher Rechenspaß mit meinem Vater (und das ist nicht ironisch gemeint!).
Wir begleiten die Autorin bei der Lektüre von Thomas Manns Zauberberg, was sich eher nach einem Kampf anhört. Seit „Muss ich das gelesen haben“ von Theresa Reichl kommt eine Lektüre für mich aber ohnehin nicht mehr in Frage. Es gibt besseres. Mein Langzeit-/Lebensprojekt ist Proust, allerdings nur, weil sich Lorelai von Max in Gilmore Girls „Swans Welt“ ausleiht.
Bei der Empfehlung vom „Papierpalast“ (Miranda Cowley Heller) muss ich kurz schlucken, den Roman fand ich fürchterlich. Aber Liebe auf den ersten Blick bei einem Buch? Das geht auch bei mir, habe ich schon mehrfach erlebt. Zuletzt bei Fourth Wing, aber ich glaube, da würde mir Christine Westermann sofort widersprechen.
Der Schreibstil ist unterhaltsam und mein Wunschzettel wächst mit jeder Seite. Was mir besonders gefiel – denn so brauche ich nicht mitschreiben: am Ende gibt es eine Liste mit den vorgestellten Büchern.
Fazit
Ich habe mich sehr gern in ihr Leben und mit ihr in andere hineingelesen.
Ein wirklich tolles Buch und das erste, bei dem ich versucht bin, Eselsohren hineinzumachen. Einfach auch weil es ein Christine Westermann Buch ist.
Bibliografie
![](https://i0.wp.com/lauschige-lesezeit.de/wp-content/uploads/die-familien-der-anderen.jpg?resize=520%2C791&ssl=1)
Titel: Die Familien der anderen
Autorin: Christine Westermann
Verlag & Copyright: Kiepenheuer & Witsch
Seitenzahl: 224
Erscheinungstermin: 03. November 2022
Preis: 23 € (Hardcover)