Ich weiß, ich bin etwas late to the game, aber ich habe tatsächlich erst jetzt „Das Lavendelzimmer“ von Nina George gelesen. Und das auch nur, weil ich mir „Das Bücherschiff des Monsieur Perdu“ gekauft und dann festgestellt habe, dass es eine Fortsetzung ist…
Klappentext
Er weiß genau, welches Buch welche Krankheit der Seele lindert: Auf seinem Bücherschiff, der »literarischen Apotheke«, verkauft der Pariser Buchhändler Jean Perdu Romane wie Medizin fürs Leben. Nur sich selbst weiß er nicht zu heilen, seit jener Nacht vor 21 Jahren, als die schöne Provenzalin Manon ging, während er schlief. Sie ließ nichts zurück außer einem Brief – den Perdu nie zu lesen wagte. Bis zu diesem Sommer. Dem Sommer, der alles verändert und Monsieur Perdu aus der kleinen Rue Montagnard auf eine Reise in die Erinnerung führt, in das Herz der Provence und zurück ins Leben.
Meine Meinung
Hach, wo soll ich nur anfangen, es ist einfach ein wunderbares Buch; ein wahrer Seelenschmeichler zwischen zwei Buchdeckeln.
Der Roman handelt von verlorener Liebe, neuer Liebe und von Freundschaft. Die Zeitspanne von 20 Jahren spielt eine große Rolle, denn viele der Figuren sind in den fünfzigern (das ist ja eher selten in großen Liebesgeschichten und hat mir sehr gut gefallen) und haben die letzten zwei Jahrzehnte wie auf Autopilot gelebt. Durch den Einzug von Catherine, die von ihrem Mann mittellos zurückgelassen wurde, während er sich einer anderen zuwendet, werden Ereignisse angestoßen, die dazu führen, dass die Figuren ihr Leben wieder in die eigene Hand nehmen. Und diese Veränderung wird exzellent beschrieben.
„Weißt du, dass es zwischen Ende und Neuanfang eine Zwischenwelt gibt? Es ist die verwundete Zeit, Jean Perdu. Sie ist ein Moor, und darin sammeln sich Träume und Sorgen und vergessene Absichten. Deine Schritte werden schwerer in dieser Zeit. Unterschätze diesen Übergang nicht, Jeanno, zwischen Abschied und Neubeginn. Lass dir deine Zeit. Manchmal sind solche Schwellen breiter, als man in einem Schritt gehen kann.“
Nina George: Das Lavendelzimmer, S. 294
Jean Perdu ist ein sehr liebenswerter Charakter, obwohl oder vielleicht gerade weil er – wie alle Figuren in diesem Buch – seine Ecken und Kanten hat. Mit Catherine tritt ein wunderbarer Mensch in sein Leben und man wünscht sich sofort, dass sie bleibt.
Da Manons Brief aber eine Wahrheit offenbart, die so ganz anders ist, als das, was er sich 20 Jahre lang eingeredet hatte, zieht er ohne darüber nachzudenken, die Planke seines Bücherschiffs ein und macht sich auf den Weg zu ihr. Begleitet wird er nur von den zwei Katzen Kafka und Lindgren (wie grandios ist das denn bitte!) sowie dem jungen amerikanischen Schriftsteller Max, dessen Debütroman zu einem Bestseller wurde, dem es jetzt aber an Inspiration für das verflixte zweite Buch fehlt. Da die beiden Männer durch unglückliche Umstände ohne Geld oder Handy unterwegs sind, benutzen sie kurzerhand die Bücher als Zahlungsmittel. Und diese Tauschgeschäfte sind sehr unterhaltsam.
Unterwegs gabeln sie noch den italiener Cuneo auf, der auf den Flüssen Frankreichs nach der Signorina sucht, an die er vor 20 Jahren sein Herz verloren hat (genau, schon wieder diese Zahl). Er kann fantastisch kochen und so kommt auch die Kulinarik nicht zu kurz und trägt ihren Teil zur Stimmung bei.
Überhaupt zaubert Nina George eine traumhafte Atmosphäre. Wie die Figuren von Schleuse zu Schleuse schippern und beim Anlegen immer neue Freundschaften schließen, habe ich direkt vor Augen: Das Schiff, den Treidelpfad, die verträumten Dörfer. Und ich kann den Sommer auf jeder Seite spüren.
Nach und nach erfahren wir immer mehr über die Beziehung zwischen Jean und Manon. Dazu muss ich sagen, dass ich Manon überhaupt nicht mochte, denn sie erscheint egoistisch und rücksichtslos. Sie wollte sich nicht zwischen ihrem Mann Luc und ihrem Liebhaber (das war Jean) entscheiden. Beide Männer wussten von dem jeweils anderen und dass sie damit einverstanden waren, weil sie sich Manon lieber teilen wollten, als sie gar nicht in ihrem Leben zu haben, wollte mir einfach nicht in den Kopf. Der Reiz dieser Frau blieb mir bis zum Schluss ein Rätsel.
Gemeinsam mit den Figuren, lernen wir auch Max und Cuneo besser kennen. Sie haben ihre eigenen kleinen Geschichten, denen im Roman auch genügend Raum gegeben wird.
Zum Schluss erreichen Sie Bonnieux, das Weingut von Manon und ihrem Mann.
Man kann also sagen, der Roman gliedert sich in drei Teile: Das Kennenlernen von Jean und Catherine in Paris, die Reise mit Max und Cuneo auf dem Bücherschiff und das Happy-End in der Provence. Dabei entwickelt sich die Geschichte langsam, aber stetig. Mir war nie langweilig und zum Schluss wurde der ganz große Bogen um die Figuren gespannt.
Die Sprache des Romans ist so wunderschön und voller Gedanken, die ich mir herausschreibe.
„Der einzige Fehler ist nur, dass so viele, hauptsächlich Frauen denken, ihr Körper müsste perfekt sein, um geliebt zu werden. Dabei muss er nur lieben können. Und sich lieben lassen“
Nina George: Das Lavendelzimmer, S. 250
Ich habe beim Lesen geschmunzelt, mehr als eine Träne verdrückt und wollte einfach nicht aufhören. Und je näher ich dem Ende kam, desto weniger wollte ich, dass die Geschichte endet. Besser geht’s eigentlich nicht oder doch?
Natürlich, denn im Anhang findet sich neben französischen Rezepten tatsächlich noch Jean Perdus literarische Notapotheke von Adams bis von Arnim.
Fazit
„Das Lavendelzimmer“ ist das perfekte Buch für einen lauen Sommerabend auf der Terrasse mit einem Glas französischen Wein, Baguette und etwas Käse. Bon Appetit!
Bibliografie

Titel: Das Lavendelzimmer
Autorin: Nina George
Verlag: Knaur
Seitenzahl: 384
Erscheinungstermin: 01. April 2014
Preis: 12,99 € (Taschenbuch)