Die Regenwahrscheinlichkeit beträgt null Prozent von Michael Ebert

Ihr wisst, ich liebe Mathegeschichten. Und ich liebe Meteorologie. Mit letzterer hat der Roman nicht wirklich etwas zu tun, aber in diesem Fall war ich Titelopfer. Und nachdem ich den Klappentext gelesen hatte, konnte ich nicht mehr widerstehen.

Klappentext

Dr. Hannes Hennes, leicht unterforderter Mathelehrer, glücklicher Ehemann und Vater, könnte ein zufriedener Mensch sein. Doch seit dieser demütigenden Sache bei der Nobelpreisverleihung in Stockholm und dem peinlichen Auftritt bei Günther Jauch läuft in seinem Leben alles schief. Natürlich hätte er auch niemals mit dem Jagdgewehr seines besten Freundes schießen dürfen.
Als Hannes erfährt, dass das Gehirn seines Idols, des berühmten Mathematikers Carl Friedrich Gauß, gestohlen wurde, macht er sich auf zu einem Abenteuer, das ihn in ein Luxushotel, in die Katakomben der Charité und in ein gnadenloses Männerseminar führt. Seine Pechsträhne scheint zu enden, als ihm ein geheimnisvoller Wissenschaftler ein unwiderstehliches Angebot unterbreitet. Aber das Schicksal hat noch viel mit ihm vor.

Meine Meinung

Manche Bücher liest man. Dieses hier habe ich gefühlt. „Die Regenwahrscheinlichkeit beträgt null Prozent“ von Michael Ebert war für mich als Mathenerd ein absoluter Glücksgriff – eine Geschichte, die ebenso irrational wie wunderbar ist, voller Emotionen, Katastrophen und mathematischer Schönheit.

Der Protagonist – ein tragikomischer Antiheld – ist jemand, dem man so nahekommt, dass man das Gefühl hat, direkt auf seiner Schulter zu sitzen, während er von einem Missgeschick ins nächste taumelt. Dabei will er doch nur, dass endlich mal jemand stolz auf ihn ist.

Sein ganzes Handeln entspringt diesem zutiefst menschlichen Wunsch – gesehen, anerkannt, gewürdigt zu werden. Dass ihn genau das immer wieder direkt in die nächste Katastrophe manövriert, macht sein Scheitern umso schmerzhafter und zugleich berührender. Schlechte Entscheidungen, gepaart mit einem ordentlichen Schuss Pech, lassen ihn regelmäßig alles nur noch schlimmer machen. Und doch: Man leidet mit, weil man versteht, warum er tut, was er tut.

Mathematisch wurde ich abgeholt wie selten zuvor. Die Parallelen (hihi) zwischen seiner Gefühlswelt und meiner eigenen Beziehung zur Mathematik haben mich tief berührt. Primzahlen als stille Gefährten, Asymptoten als tragische Liebesgeschichten – allein dieser Satz auf Seite 110:
„Die traurigsten Liebesgeschichten der Mathematik? Parallelen. Asymptoten. Tangenten.“
Ein Gänsehautmoment für alle mit einer Schwäche für Eleganz in Zahlen und Formen.

Michael Eberts Sprache ist bildgewaltig und zugleich leichtfüßig. Ich hatte die Szenen förmlich vor Augen – sei es die schräge Idee, Gauss’ vertauschtes Gehirn (das ist tatsächlich passiert!) nach Göttingen zurückzuschmuggeln, oder das erste Aufeinandertreffen des Protagonisten mit seiner späteren Frau auf einem Desensibilisierungsworkshop für Meeresfrüchte und Wespenstiche – Skurrilität und Tiefe geben sich hier die Hand.

Obwohl die Erzählstruktur etwas sprunghaft wirkt, kann man dem Handlungsstrang gut folgen.

Und dann sind da noch diese Sätze, bei denen ich nicht anders konnte, als sie mir anzustreichen – obwohl ich eigentlich nicht der Typ dafür bin:

Männer, die sich in ihrem Leben vorkamen wie ausgemusterte VHS-Videorekorder, die mit einem „zu verschenken“-Schild vor einer Haustür abgestellt worden waren: eigentlich noch funktionsfähig, aber von der Welt nicht mehr benötigt.

Michael Ebert: Die Regenwahrscheinlichkeit beträgt null Prozent, S. 8

Oder dieser Satz, der in meinem Kopf hängen bleibt wie ein Echo:

„Gib acht, Hannes. Wenn du jetzt stirbst, stirbt nicht nur, was du gewesen bist. Sondern auch das, was du noch hättest sein können.“

Michael Ebert: Die Regenwahrscheinlichkeit beträgt null Prozent, S. 232

Am Ende ist dieses Buch weit mehr als die Geschichte eines Mannes, der seinem brillanten Bruder nicht das Wasser reichen könnte. Es ist ein Plädoyer dafür, dass es selbst für die schrägsten Lebenssituationen – wie für mathematische Probleme – irgendwann eine Lösung geben wird.

Fazit:

Ein emotionales, tiefgründiges, zugleich urkomisches Buch mit mathematischer Seele. Für alle, die sich manchmal fühlen wie eine Parabel ohne Scheitelpunkt – mathematisch vorhanden, aber emotional unerreichbar.

Kostenloses Rezensionsexemplar

Ich habe dieses Buch als kostenloses Rezensionsexemplar vom Bloggerportal zur Verfügung gestellt bekommen. Dies beeinflusst in keiner Weise meine Meinung.

Bibliografie

Titel: Die Regenwahrscheinlichkeit beträgt null Prozent

Autor: Michael Ebert

Verlag & Copyright: Penguin

Seitenzahl: 240

Erscheinungstermin: 19. März 2025

Preis: 24 € (Hardcover)

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