Ein near Future Roman mit Zeitreisen und einer Liebesgeschichte zwischen einem mysteriösen Polarforscher aus dem 19. Jahrhundert, der wirklich existiert hat, und einer modernen Londonerin – das klang sooo vielversprechend…
Klappentext
Als eine junge Frau einen neuen Job bei einem geheimnisvollen Ministerium antritt, ahnt sie nicht, dass dieser schwüle Sommer ihr Leben für immer verändern wird. Denn das Ministerium der Zeit hat das geschafft, was niemand jemals für möglich hielt: Menschen durch die Zeit zu transportieren. Und so soll sie dem eigentlich 1847 verstorbenen Polarforscher Commander Graham Gore das Ankommen im lärmenden London des 21. Jahrhunderts erleichtern.
Während er sich an mit den Wundern der Moderne wie Toilettenspülungen und Spotify vertraut macht, muss sie ihn damit konfrontieren, dass sich die Welt nicht unbedingt nur zum Guten gewandelt hat. Und als sei nicht alles ohnehin kompliziert genug, entwickelt sich aus dem anfänglichen Unbehagen weit mehr als nur eine tiefe Freundschaft. Doch das Ministerium hat seine ganz eigenen Pläne mit dem Zeitreisenden und plötzlich verschieben sich heute, morgen und gestern, und was die beiden zusammengeführt hat, droht sie nun mit aller Macht auseinanderzureißen.
Meine Meinung
Der Roman begann sehr stark, vor allem gefiel mir der abwechselnde Rhythmus aus Handlungsstrang in der Gegenwart und Logbucheinträgen des Commanders. Doch dann verliert der Plot an Spannung. Nachdem sich die aus der Vergangenheit Entführten einigermaßen eingelebt haben, gerät die Handlung ins Stocken. Erst spät kommt Bewegung in die Geschichte – nur leider wirkt der Spannungsaufbau dann eher konstruiert als organisch.
Technische Details zu den Zeitreisen bleiben eher vage – das muss nicht stören, doch gerade im Hinblick auf den spionageartigen Schluss hätte eine konkretere Ausarbeitung dem Roman gutgetan.
Ihr wisst, ich steh immer auf eine gute Liebesgeschichte. Und auch hier habe ich gehofft, dass sich die Protagonistin und Graham näherkommen – ich meine, ich hab mich ja selbst beim Lesen etwas in ihn verknallt. Nur leider war die Romanze so gar nicht gut beschrieben… Dabei hätte es viele interessante Anknüpfungspunkte gegeben, bspw. wie sie ihre kambodschanischen Wurzeln mit ihrer Liebe zu einem waschechten Kolonialisten zusammenbringt. Oder dass hier zwei völlig unterschiedliche Ansichten über die Geschlechterrollen aufeinanderprallen. Man könnte den Roman auch als Integrationsgeschichte lesen, denn die Protagonistin fungiert ja als Gores Brückenoffizier und soll ihm helfen, sich im 21. Jahrhundert einzugewöhnen. Doch leider werden Themen wie Identität, Zugehörigkeit und kulturelle Vielfalt nicht weiter verfolgt.
Gut gefiel mir hingegen, wie die Klimaveränderungen in die Geschichte eingeflochten wurden.
Commander Gore gab es übrigens wirklich – ebenso wie die Expeditionsschiffe Erebus und Terror – und so charmant und unterhaltsam seine Figur angelegt ist und auf den Zeitsprung sowie die Neuerungen im 21. Jahrhundert reagiert, erweckt es fast den Anschein, als hätte sich die Autorin diese Geschichte einzig für ihn ausgedacht. Und während er sich merklich weiterentwickelt, bleibt die namenlose Protagonistin erstaunlich blass. Als Vermittlerin zwischen den Zeiten wirkt sie mehr wie ein erzählerisches Werkzeug denn als eigenständige Figur.
Die anderen historischen Figuren gefielen mir mit ihren Eigenheiten und Startschwierigkeiten hingegen sehr gut.
Ziel des Ministeriums ist es übrigens nicht – wie bspw. beim St. Marys Institute – die Vergangenheit zu erforschen, sondern Zeitreisen überhaupt erstmal sicher zu etablieren. Daher „entführen“ sie auch nur dem Tod geweihte Personen und analysieren, ob sie die Zeitreise langfristig überleben. Ich hatte trotzdem erwartet, dass der historische Kontext eine größere Rolle spielen würde.
Fazit
Trotz einiger Schwächen bleibt „Das Ministerium der Zeit“ ein lesenswerter, sprachlich schöner Roman mit interessanter Grundidee. Die Frage, wie viel von Kaliane Bradley in der Protagonistin steckt, bleibt spannend – vielleicht spannender als die eigentliche Handlung.
Kostenloses Rezensionsexemplar
Ich habe dieses Buch als kostenloses Rezensionsexemplar vom Bloggerportal zur Verfügung gestellt bekommen. Dies beeinflusst in keiner Weise meine Meinung.
Bibliografie

Titel: Das Ministerium der Zeit
Autorin: Kaliane Bradley
Übersetzung: Sophie Zeitz
Verlag & Copyright: Penguin
Seitenzahl: 384
Erscheinungstermin: 23. April 2025
Preis: 24 € (Hardcover)