Ich habe diesen Roman im perfekt dazu passenden Setting gelesen: Im Flugzeug hoch über den Wolken. Und genau das war auch mein größtes Problem mit dem Buch, denn ich habe aufgrund von Titel, Cover und Klappentext etwas ganz Konkretes erwartet, was nur zu einem Bruchteil erfüllt wurde.
Klappentext
Deutschland in den Siebzigerjahren. Katharina Berner stammt aus einer gut situierten Unternehmerfamilie, geht aber seit jeher ihren eigenen Weg. Dass sie Jura studieren wollte, statt eine Familie zu gründen, haben weder ihr Vater, der alte Patriarch, noch ihre Mutter oder Schwestern je verstanden. Doch sie hat sich durchgesetzt und arbeitet in einer großen Kanzlei in Köln – glücklich ist sie allerdings nicht. Die männlichen Kollegen machen ihr den Alltag zur Hölle, am liebsten würde sie sich selbstständig machen. Nur wie, wenn nicht einmal jemand Büroräume an sie vermieten will? Da bittet eine junge Frau Katharina um Hilfe: Rita Maiburg besitzt eine Pilotenlizenz, versucht jedoch vergeblich, eine Anstellung zu bekommen. Die Lufthansa hat ihre Bewerbung mit der Begründung abgelehnt, dass sie grundsätzlich keine Frauen als Piloten einstellt. Diese Ungerechtigkeit will Rita sich nicht gefallen lassen. Katharina nimmt den Fall an, und die beiden beschließen zu klagen – gegen die Lufthansa und die BRD. Einen Verbündeten findet Katharina in ihrem Vermieter Theo, der sie nach Kräften unterstützt. Doch wird es den beiden Frauen gelingen, Ritas Traum vom Fliegen endlich Wirklichkeit werden zu lassen?
Meine Meinung
Schon das Cover verspricht als Protagonistin die erste Linienflugkapitänin der Welt, doch anscheinend reicht ihre Geschichte gerade einmal für den Artikel, über den die Autorin auf Rita Maiburg aufmerksam wurde. Die nicht weniger beeindruckende Karriere ihrer Anwältin nimmt viel mehr Seiten in Anspruch, insbesondere aber vorwiegend ihre Liebesgeschichte (und das aus meiner Feder…). Der groß angekündigte Kampf und Prozess gegen die Lufthansa wird extrem kurz abgehandelt, was ich ausgesprochen schade fand.
Doch was weder Titel noch Klappentext erahnen lassen, ist, dass es noch einen dritten sehr ausführlich dargestellten Handlungsstrang um Drogen und einen von Ritas ältesten Freunden geht. Dieser Plot ist ehrlich gesagt ziemlich langweilig und ich habe fast den Eindruck, er wurde nur mit aufgenommen, um das Buch künstlich zu verlängern.
Der Prolog hat mich dieses Mal echt geärgert, denn er verrät uns bereits das Ende. Zudem sind die fiktionalen Handlungsteile sehr vorhersehbar, so dass der Roman wirklich gar nichts überraschendes mehr hat.
Den Figuren kommt man beim Lesen nicht wirklich nah, außerdem hätte ich gern etwas mehr über Katharinas Schwester Eva erfahren. Alle anderen Charaktere unterstreichen lediglich die Darstellung der Diskriminierung und sind entsprechend rudimentär ausgearbeitet.
Schön eingefangen wurde hingegen die Zeit der 70er Jahre sowie die damals herrschende Ungerechtigkeit zwischen den Geschlechtern. Die Rolle der Frau und damaligen Bedingungen sind wirklich gut recherchiert. Natürlich macht es furchtbar wütend, das alles aus heutiger Sicht zu lesen.
Aber das Buch war einfach nicht so informativ wie gehofft hatte – vermutlich hätte mir der Artikel über Rita auch gereicht. Versteht mich nicht falsch, es ist kein schlechtes Buch, insbesondere der Schreibstil lässt sich gut lesen.
Fazit
Es wird nicht verwundern, dass das Buch gar nicht erst mit mir zurückgeflogen, sondern in der Hotelbibliothek auf Rhodos geblieben ist. Vielleicht findet es ja eine*n dankbarere*n Besitzer*in und wird sogar von einer Pilotin nach Hause gebracht.
Bibliografie
Titel: Freiflug
Autor: Christine Drews
Verlag & Copyright: Dumont
Seitenzahl: 352
Erscheinungsdatum: 14. März 2022
Preis: 12 € (Taschenbuch)