Ich habe „Piccola Siccilia“ und „Jaffa Road“ von Daniel Speck geliebt! Und da auch die Lesung von „Yoga Town“ in Frankfurt total nett war, erhoffte ich mir ein weiteres tolles Leseerlebnis. Das hat leider nicht so ganz geklappt…
Klappentext
2019. Eine Berliner Yogalehrerin, die noch nie in Indien war. Ihr liebevoller Vater, der in der Vergangenheit hängt. Und ihre Mutter, die spurlos verschwindet.
Lucy und ihr Vater Lou gehen auf die Suche, zurück an den Ort, wo alles begann:
1968. Zwei Brüder und zwei Frauen fahren auf dem Hippie-Trail nach Indien. In Rishikesh am Fuß des Himalayas treffen sie ihre Idole, die Beatles. Und den Pop-Guru Maharishi. Sie haben die beste Zeit ihres Lebens. Aber nur zwei von ihnen kehren zurück. Lou hat etwas Unverzeihliches getan. Und Corinna ist schwanger. Als ihre Tochter geboren wird, schwören sie, ihr Geheimnis niemandem zu verraten.
Meine Meinung
Mir haben die zwei Zeitebenen gut gefallen, die sich immer mehr ineinander verschränkten, so dass die Vergangenheit irgendwann die Gegenwart eingeholt hat. Dabei ist der Plot an sich gar nicht so entscheidend; er wirkt auch etwas konstruiert und ist dadurch ziemlich vorhersehbar.
Es geht eher um die Atmosphäre und die ist mit dem Mix aus westlicher Popkultur und fernöstlicher Spiritualität wirklich besonders. Außerdem las es sich so, als wäre ich ganz dicht in Indien mit dabei. Aufhänger der Geschichte ist der reale Ashram in Rishikesh, wo die Beatles tatsächlich waren. Es könnte sich also vieles genauso zugetragen haben. Jedenfalls bilden Yoga, Musik und die Beatles ein grandioses Setting und Fans werden viele Easter Eggs finden können. Ich kenne mich da nicht so gut aus, was aber nicht gestört hat.
Der Roman ist recht Drogen- und Sexlastig, was einerseits gut zur Hippiezeit passt, aber andererseits waren mir die vier Protagonist*innen aus der Flower Power Zeitebene etwas zu kaputt – ich habe keine*n von ihnen wirklich gemocht, geschweige denn mich mit einer*einem identifizieren können. Außerdem bleiben die Charaktere recht blass, insbesondere Corinna, und ich habe ihr Verhalten oft nicht nachvollziehen können.
Trotzdem habe ich das Buch relativ schnell durchgelesen, was nicht zuletzt an Daniel Specks bildhaftem, lebendigem und manchmal auch philosophischem Schreibstil liegt.
Lou fragte sich, warum er so lange gebraucht hatte, um zu wissen, wohin er gehörte – auf der Suche nach sich selbst, nicht nach ihr, immer mit den Gedanken woanders, während Marie seit eh und je die Füße auf dem Boden hatte. Sie war langsamer als er, aber kam eher ans Ziel, weil sie sich nicht verirrte.
Daniel Speck: Yoga Town, S. 262
Aber man sollte wissen, dass einige Passagen komplett auf Englisch verfasst sind und es auch keine Übersetzung gibt.
Fazit
Alles in allem habe ich „Yoga Town“ wegen der Reise nach Indien gern gelesen, aber wenn man seine anderen Bücher kennt, ist dieser Roman leider etwas enttäuschend, da es ihm im direkten Vergleich an Tiefgang fehlt. Wäre es nicht signiert, dürfte das Buch wohl nicht bei mir bleiben.
Bibliografie
Titel: Yoga Town
Autor: Daniel Speck
Verlag & Copyright: FISCHER
Seitenzahl: 480
Erscheinungstermin: 18. Oktober 2023
Preis: 25 € (Hardcover)