Die Hausboot Detektei – Tödlicher Genuss von Amy Achterop

Hätte ich nicht vor Kurzem ein verlängertes Wochenende in Amsterdam geplant, wäre diese Krimi-Reihe wohl an mir vorbeigegangen. Daher war es schon irgendwie Schicksal, als ich „Die Hausboot Detektei“ unmittelbar vor unserem Urlaub in der Buchhandlung entdeckte.

Klappentext

Der erste Fall für die Hausboot-Detektei. Fünf notorische Pechvögel ermitteln in Amsterdam.
Arie, Maddie, Jack, Jan und Elin suchen noch nach ihrem Platz im Leben. Und finden ihn auf einem alten Hausboot, wo sie eine Detektei gründen, um sich den Fällen zu widmen, auf die die Polizei keine Lust hat.
Auf dem Deck bauen sie Tomatenpflanzen an, genießen die Amsterdamer Grachtenidylle im Liegestuhl, trinken an trüben Tagen Irish Coffee mit viel Whiskey und ordentlich Sahne und schauen zusammen alte Miss Marple-Filme. Die Hobby-Detektive sind also bestens vorbereitet für ihren ersten Auftrag, der sie in die Gastro-Szene der Stadt führt, wo ein kulinarischer Wettstreit zwischen zwei Sterneköchen entbrannt ist. Die Detektei soll ein Rezept ausspionieren, als plötzlich eine Wasserleiche gefunden wird: ausgerechnet der berühmte Sommelier Henk Perenboom. Welche Verbindung gibt es zwischen den drei Feinschmeckern, und wer täuscht wen? Fest steht jedenfalls: Gemeinsam schlagen sich die Detektive gar nicht schlecht.

Meine Meinung

Im Prinzip gehört die Reihe wegen der Atmosphäre und dem Lokalkolorit Amsterdams ins Genre Cosy Crime; aber dann auch irgendwie wieder nicht, weil die Charaktere viel zu skurril (aber dennoch liebenswert) gezeichnet sind. Andererseits punktet das Buch vor allem durch das semiprofessionelle Detektivteam, in dem jede Figur ihre eigene vertrackte Hintergrundgeschichte und daraus resultierende Macken hat:

Ex-Polizist Arie sind neben seinem Hausboot nur noch sein Ermittlungsgespür und seine Menschenkenntnis geblieben, nachdem er seine Frau, seinen besten Freund/Partner und seinen Job verloren hat – letzteres resultiert aus der Entdeckung der unerwarteten Beziehung ersterer…

Maddie ist ganz frisch vorbestraft und daher ebenfalls arbeitslos. Sie ist impulsiv, manchmal auch unkontrolliert, Krav Maga Trainerin und hat einen stark ausgeprägten Beschützerinstinkt gegenüber ihrer geistig behinderten Schwester Isa – was sie in ihre aktuelle Lage gebracht hat. Dabei hat mir gut gefallen, wie ungezwungen Amy Achterop diese Thematik mit einbringt. Außerdem bekommt der Roman dadurch eine Tiefe, die ich in Krimis so noch nicht gelesen habe; vor allem nicht, wenn er gleichzeitig mit einer solchen Leichtigkeit geschrieben ist. Und es macht Jacks Charakter so richtig lebensecht, der erstmal Reißaus nahm, als er mit Isa konfrontiert wurde…

Denn als sich Maddie und Jack kennenlernten (beiden wurde mitten in der Nacht das Fahrrad geklaut), flogen zwischen ihnen erstmal so richtig die Funken (die Romantik kommt also nicht zu kurz). Er ist ein arbeitsloser Ingenieur, der seine Fähigkeiten einmal zu viel an Spielautomaten eingesetzt hat, um seine Gewinnchancen zu erhöhen. Er ist charmant – ein echter Frauenschwarm –aber auch leider völlig Beziehungsunfähig. „Sympathisches Arschloch“ beschreibt ihn wohl am besten. Er stammt aus England, benutzt also oft falsche Redewendungen und Begriffe, was das niederländische Flair verstärkt.

Jan war als Beamtin (genau, hier bringt die Autorin ebenso unverkrampft wie bei Isa das Thema Transgender in den Plot mit ein) der Stadtverwaltung ein wenig zu menschenfreundlich, machte sich der Urkundenfälschung strafbar und gibt sich daher neuerdings voller Leidenschaft seinem Hobby dem Kochen hin.

Elin ist eine wenig erfolgreiche schwedische Krimiautorin mit Schreibblockade, die gerade von ihrer großen Liebe „verarscht“ wurde und droht, in Selbstmitleid zu versinken. Durch ihre Figur lässt die Autorin viel Selbstironie mit einfließen, was mich immer wieder Schmunzeln ließ.

Last but not least gibt es noch zwei tierische Charaktere: den bissigen Neufundländer „Hund“ und das verletzte Eichhörnchen „Fru Grunilla“, das von Jan aufgepäppelt wird und seitdem das Maskottchen des schrägen Ermittlerteams ist. Spätestens sie machen den vollen „Cosy“ Faktor aus.

Im inneren Klappenumschlag gibt es eine Übersicht aller Detektei-Mitglieder, was ich sehr nice fand.

Übrigens musste ich bei der ungleichen Truppe immer wieder an die Guardians of the Galaxy denken: Allesamt Pechvögel mit leicht kriminellen Tendenzen, die aber das Herz am rechten Fleck haben.

Da die Hausboot Detektei als Serie angelegt ist, nimmt sich die Autorin viel Zeit für die Einführung der Protagonist*innen und ihre Findung als Gruppe. Daher entwickelt sich der kriminalistische Spannungsbogen erst recht spät – Action von der ersten Seite an, darf man also nicht erwarten. Trotzdem wird es auch vorher nie langweilig. Für Abwechslung sorgen die Perspektivwechsel und verschiedenen Handlungsstränge.

Amy Achterop schreibt humorvoll, unterhaltsam und fängt gekonnt die zwischenmenschlichen Dynamiken durch gute Dialoge ein. Vor allem aber liebe ich das Amsterdamfeeling! Ich habe den Krimi vor Ort begonnen und zu Hause abgeschlossen. Dadurch hat sich mein Urlaub um einige Lesestunden verlängert. Das Lebensgefühl dieser Fahrradstadt wird einfach unglaublich authentisch wieder gegeben!

Der eigentliche Fall spielt bei solchen Feelgood Krimis ja oft nur eine Nebenrolle. Das ist auch hier nicht anders, wenngleich sich die Autorin einen echt ausgeklügelten Plot mit einigen mehr oder weniger überraschenden Wendungen ausgedacht hat. Und die Auflösung ist wirklich raffiniert.

Fazit

Ein erfrischend andersartiger Krimi mit der perfekten Mischung aus eigenwilligen Figuren, die irgendwie zu einer Familie werden, einem nicht ganz so wichtigen Fall und idyllischer Grachtenatmosphäre. Ich bin echt froh, diese Reihe entdeckt zu haben und kann es kaum erwarten, Band II zu lesen.

Klare Leseempfehlung!

Bibliografie

Titel: Die Hausboot-Detektei – Tödlicher Genuss (Band I)
Autorin: Amy Achterop
Verlag & Copyright: Fischer
Seitenzahl: 352
Erscheinungstermin: 29. März 2023
Preis: 12 € (Taschenbuch)

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