Dieses Buch haben wir im Rahmen des Zwei Seiten Buchclubs zum Thema Anfänge gelesen und ich finde, die Geschichte passt ganz hervorragend dazu.
Klappentext
»Was hat uns das neue Leben gekostet? Meinen Vater seine Stimme, meine Mutter ihre Lebendigkeit. Und mich?«
Vor dem Krieg in Jugoslawien flüchtet die Familie in ein Einwanderungsland, das keines sein möchte. Dieses Buch erzählt von der Beziehung zwischen einer Tochter, deren einziger Lebenssinn darin besteht, die perfekte Migrantin zu werden, und ihrem Vater, der sich bei dem Versuch, ihr das zu ermöglichen, selbst verliert.
Erstmals gibt es die großartig lakonische Toxische Pommes in Romanform. Seit der Corona-Pandemie ist sie in den sozialen Medien mit satirischen Kurzvideos über die schönen und hässlichen Seiten der Gesellschaft erfolgreich, und seit kurzem steht sie mit ihrem Kabarettprogramm auch auf den analogen Bühnen.
Meine Meinung
Mir hat „Ein schönes Ausländerkind“ wirklich gut gefallen, weil es einen sehr authentischen Einblick in den Neuanfang einer Gastarbeiterfamilie bietet. Und dadurch, dass die Geschichte aus der Perspektive der Tochter erzählt wird, erhalten wir einen mit kindlicher Schonungslosigkeit gezeigten Blick auf die Dinge. Eine weitere Besonderheit dieser autofiktionalen Geschichte besteht darin, dass es nicht der Vater, sondern die Mutter ist, die die begehrte Arbeitserlaubnis erhält. Und so wird er „versehentlich“ zum Feministen, macht den Haushalt und kümmert sich um das Kind (also die Protagonistin). Was das mit einem patriarchalisch sozialisierten Mann mittleren Alters macht, hat die Autorin ausgezeichnet herausgearbeitet. Auch die Figur der Mutter und die Herausforderungen, denen sie sich stellen muss, sind sehr gut dargestellt. Gleiches gilt für die Protagonistin, in die ich mich sofort hineinversetzen konnte.
Gesellschaftskritisch hält uns die Autorin den Spiegel vor: Auf der einen Seite fordern wir Integration und auf der anderen Seite legen wir all jenen, die sich integrieren wollen, Steine in den Weg. Und der Alltagsrassismus, dem sich die ganze Familie immer wieder stellen muss, ist mal mehr mal weniger subtil.
Mit ihrem Buch gibt Toxische Pommes diesen Menschen eine Stimme und zeigt mir eine weitere Lebensrealität, die ich sonst nie kennengelernt hätte. Und wenn ein Roman so etwas schafft, bin ich immer begeistert.
Einziger Kritikpunkt sind die zahlreichen serbischen(?) Sätze (die aber alle übersetzt werden). Einige eingebaute Wörter und Redewendungen tragen ja häufig zur Atmosphäre bei, aber bei der Anzahl an Sätzen, die man ohnehin nicht lesen kann, wenn man die Sprache nicht spricht, erschweren sie leider nur den Lesefluss.
Trotzdem bin ich gut in die Geschichte reingekommen, was vor allem an der stimmigen Atmosphäre und den ebenfalls sehr lebensechten Nebenfiguren lag. Renate z.B. fand ich von Anfang an fürchterlich – gleichzeitig hatte sie auch ihre guten Seiten. Bei ihr musste ich immer an Mrs. Ohlsen aus „Unsere kleine Farm“ denken.
Fazit
„Ein schönes Ausländerkind“ ist eine unterhaltsame und bewegende, aber nicht zu dramatische Einwanderungs- und Alltagsgeschichte, die ich sehr gern gelesen habe.
Bibliografie

Titel: Ein schönes Ausländerkind
Autorin: Toxische Pommes
Verlag & Copyright: Zsolnay
Seitenzahl: 208
Erscheinungsdatum: 18.03.2024
Preis: 23 € (Hardcover)