Rosie von Rose Tremain

Obwohl es erst einige Tage her ist, weiß ich gar nicht mehr, wie ich auf diese Leserunde aufmerksam wurde. Wahrscheinlich war es eine Email. Vom Cover her, wäre mir das Buch nämlich nicht aufgefallen. Es gefällt mir zwar optisch, weil es mich an ein vergilbtes Foto erinnert, wirkt daher aber auch sehr unscheinbar. Zudem ist das Buch sehr dünn und umfasst gerade einmal 200 Seiten, was ich bei gebundenen Büchern immer etwas merkwürdig finde.

Dafür liebe ich das Papier, auf dem es gedruckt ist. Es fühlt sich so hochwertig, fein und glatt an, dass ich es am liebsten Streicheln würde. Ich war selten so begierig, die Seiten eines Buches umzublättern, nur um das Papier auf meinen Fingern zu spüren.

Die Entscheidung, das Buch lesen zu wollen, traf ich aufgrund des Klappentextes

Nach ihren großen Romanerfolgen erzählt die Grande Dame der englischen Literatur nun von ihren eigenen Anfängen: Geboren 1943 in London, ist Rose Tremain umgeben von zerstörten Familien und einer Stadt in Trümmern. Sie hat eine zwar vordergründig intakte Familie und ein Zuhause, gar eine Zuflucht bei den Großeltern auf dem Land – doch Zuneigung bringt ihr einzig ihr Kindermädchen Vera entgegen, weshalb sie als Kind den sehnlichen Wunsch hegt, diese möge ihre ›richtige‹ Mutter sein. Ihre Mutter Jane steckt Rose und deren Schwester ins Internat, denn sie ist viel zu beschäftigt damit, verlorene Zeit aufzuholen, hat der Krieg ihr doch ihre Jugendjahre genommen. Doch Rose knüpft im Internat prägende Freundschaften – und findet das, was für ihr Leben bestimmend sein wird: ihren unbedingten Willen, zu schreiben.

Meine Meinung

Mir gefällt der Sprachstil der Autorin. Für eine biografische Erzählung, liest es sich sehr leicht, was für mich daran liegt, dass es Rose Tremain schafft, einzelne Szenen, Ereignisse, Emotionen und Begegnungen ihrer Kindheit und Jugend zum Leben zu erwecken.

Dabei schreibt sie ohne Verbitterung, ja fast schon nüchtern, das Aufwachsen eines Mädchens, das sich in die Liebe ihrer Kinderfrau flüchtet, weil Eltern und Großeltern zu einer solchen nicht fähig sind.

Für mich immer wieder erschreckend, sind die Missstände der damaligen Zeit, wie bspw. dass Mädchen weit weniger Wert waren als Jungs, und die mir vorkommen, als läse ich einen Roman aus dem Mittelalter. Ich frage mich, warum man überhaupt Kinder in die Welt setzte, wenn sie ohnehin mit 6 oder 8 Jahren in ein Internat abgeschoben wurden?

Allerdings hätte ich mir noch mehr offenkundige Einblicke in das damalige Zeitgeschehen gewünscht.

Zwar gefallen mir die Fußnoten, die verdeutlichen, wie Rose Tremain die eben beschriebenen Erfahrungen und Erlebnisse in ihre späteren Werke hat einfließen lassen, dennoch ging ich davon aus, dass der Fokus auch im Haupttext auf ihrer Entwicklung zur Schriftstellerin liegen würde. Für mich ungewohnt, riefen diese Verweise in mir auch gar nicht den Wunsch hervor, eines ihrer beschriebenen Werke lesen zu wollen.

Die Antwort auf die Frage, wie sie Autorin geworden ist, wird ganz direkt auf zwei Seiten beantwortet. Evtl. gibt es weitere Erklärungen im Subtext – wenn dem so ist, blieb er mir leider verborgen. Daher vermute ich, dass dieses Buch vielleicht einfach zu anspruchsvoll für mich war. Es ist eins dieser Bücher, die man nach Anerkennung heischend, offen auf dem Couchtisch liegen lässt. Da Bücher meiner Meinung nach aber viel über deren Besitzer aussagen, würde ich damit nur ein falsches Bild von mir vermitteln. Daher wird es wohl nicht in mein Bücherregal einziehen dürfen, obwohl es ein wirklich hübsches Buch ist.

Gut gefallen haben mir auch die Fotografien, die mich an die meiner Großmutter erinnern, die im gleichen Alter gewesen sein muss, wie Roses Mutter Jane.

Allerdings hatte ich ein wenig Probleme mit der Vielzahl an Personen sowie deren Bezüge zueinander. Und für meinen Geschmack waren die Kapitel eindeutig zu lang.

Fazit

Ich wünschte wirklich, ich könnte ein positiveres Urteil fällen, aber das Buch hat leider einfach meinen Geschmack nicht getroffen. Weder konnte ich nachvollziehen, warum Rosie das alles mit sich hat machen lassen, noch fand ich es besonders interessant. Es kam mir eher so vor, als würde eine Verwandte recht unspektakulär aus ihrer Kindheit und Jugend berichten.

Daher musste ich mich regelrecht anhalten, weiterzulesen. Hier waren die wenigen 200 Seiten natürlich ein Vorteil. Nachdem ich die erste Hälfte geschafft hatte, wollte ich den Rest, ehrlich gesagt, nur hinter mich bringen.

Gott sei Dank sind ja aber die Geschmäcker verschieden und in meiner Leserunde waren auch viele vom Buch begeistert.

Da ich es schade fand, mit den genannten Persönlichkeiten und den Werken der Autorin nichts anfangen konnte, denke ich jedoch, dass das Buch eher für Leser geeignet ist, die bereits Werke von Rose Tremain kennen.

Kostenloses Leserundenexemplar

Das Buch wurde mir im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks.de kostenlos zur Verfügung gestellt. Dies beeinträchtigt in keiner Weise meine Bewertung.

Infos

Titel: Rosie – Szenen aus einem verschwundenen Leben

Autorin: Rose Tremain

Übersetzung: Christel Dormagen

Verlag und Copyright: Inselverlag

Seitenzahl: 211

Erscheinungsdatum: 09. März 2020

Preis: 22 € (gebundene Ausgabe)

Danke an: Lovelybooks.de

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