Die Legenden der Grisha von Leigh Barduro

Ich kann nicht glauben, dass diese grandiose Fantasy-Welt ganze neun Jahre an mir vorbeigegangen ist! Vor allem bei so schönen Hardcover-Ausgaben des Carlsen-Verlags (die leider nicht mehr erhältlich sind!). Auch die Neuauflage als Taschenbuch im hübschen Schuber vom DroemerKnaur Verlag 2019 habe ich überhaupt nicht wahrgenommen! Erst als ich bei Netflix die Serie „Shadow and Bone“ entdeckt und weggebinged habe, dämmerte mir so nach und nach, dass dahinter die „Grisha-Trilogie“ von Leigh Bardugo steckt. Und dann ging alles sehr schnell: alle drei Bücher landeten umgehend auf meinem Wunschzettel – zum Geburtstag auf dem Gabentisch – und als die liebe Nina zum Buddyread einlud, gab es kein Halten mehr: Eine gute Woche hat uns die Trilogie in Atem gehalten, nun ist sie ausgelesen und im Folgenden erfahrt ihr, warum sie ein absolutes Jahreshighlight ist.

Die Welt…

ist genau im richtigen Maße anders und magisch. Sie ist nicht so komplex wie bei Game of Thrones, so dass man sehr schnell rein findet. Auch wenn Ravka den Hauptschauplatz der Trilogie bildet, sind Fjerda, Novyi Zem, Kerch und Shu-Han ebenfalls Detailreich ausgestaltet und bringen alle ihre Eigenheiten mit. Was mir besonders gut gefallen hat, ist die Anlehnung Ravkas an das russische Zarenreich, inkl. der verwendeten Begrifflichkeiten. Nur mit „Granatski“ haben sie es in meinen Augen etwas übertrieben…

In jedem Buch findet sich eine wunderschön gezeichnete Karte, die bei der Orientierung hilft.

Der Legende nach hat ein Beschwörer in seiner unersättlichen Gier die Schattenflur erschaffen, die Ost- und West-Ravka voneinander trennt. In ihr herrscht völlige Dunkelheit und ihre finsteren Kreaturen, die Volkra, warten nur auf menschliche Nahrung.

Da ich zuerst die Serie auf Netflix geschaut hatte, war meine Vorstellungskraft natürlich etwas vorbelastet, daher würde ich empfehlen, zuerst die Bücher zu lesen und erst anschließend die Verfilmung anzuschauen (das ist ja meistens ein guter Tipp).

…und ihre Bewohner:innen

Ravka ist im Krieg, daher sind eigentlich alle Soldat:innen. Die erste Armee des Zaren besteht aus „normalen“ Menschen, die zweite Armee aus magisch begabten Grisha. Letztere werden aufgrund ihrer Kräfte von vielen gefürchtet und verabscheut, den Protagonisten geht es da nicht anders. Die Grisha haben sich daher nach Os Altra zurückgezogen. Kinder werden schon früh auf magische Begabungen hin getestet und fällt dieser positiv aus, werden sie in Os Altra zu Grisha ausgebildet. Doch auch wenn es ihnen im kleinen Palast an nichts mangelt, gleicht er einem goldenen Käfig.

Die Legende besagt, dass einst eine Sonnenkriegerin kommen und die Schattenflur zerstören würde. Doch während es Ravka einen ökonomischen Vorteil verschaffen würde, sehen die restlichen Länder in der Ödsee auch einen Schutz vor den Grisha.

Spannend finde ich die Einteilung der Grisha in verschiedene Orden. So gibt es Korporalki wie Entherzer oder Heiler. Ihre Macht bezieht sich auf den menschlichen Körper. Ätheralki sind Beschwörer (Feuer, Luft und Wasser). Die Macht der Fabrikatoren oder Materialki, bezieht sich, wie der Name schon vermuten lässt, auf Materialien aller Art.

Neben der Weltenkarte findet sich zu Beginn jeden Buches auch eine Übersicht der verschiedenen Grisha-Orden. Am Ende gibt es ein Glossar, das die wichtigsten Begrifflichkeiten erklärt. Beides ist nicht unbedingt erforderlich, aber sehr nett.

Band I: Goldene Flammen

Titel: Goldene Flammen
Autorin: Leigh Barduro
Übersetzung: Henning Ahrens
Verlag und Copyright: Knaur TB
Seitenzahl: 352
Erscheinungstermin: 02. März 2020
Preis: 12€ (Taschenbuch)

Alina ist eine einfache Kartografin in der Ersten Armee des Zaren von Ravka. Jemand, der entbehrlich ist – ganz anders als ihr Kindheitsfreund Malyen, der erfolgreiche Fährtenleser und Frauenschwarm. Doch als Alina Mal bei einem Überfall auf unerklärliche Weise das Leben rettet, ändert sich alles für sie, denn sie findet heraus, dass sie eine Grisha ist, die über große Macht verfügt.
Alina wird ins Trainingslager der Grisha versetzt, der magischen und militärischen Elite Ravkas. Dort findet sie einen ganz besonderen Mentor: Den ältesten und mächtigsten der Grisha, der nur der »Dunkle« genannt wird und der schon bald ganz eigene Pläne mit Alina verfolgt.

Klappentext

Der Auftaktband hat mich sofort in die Welt und Geschichte hineingezogen. Vor allem die besondere Beziehung zwischen Alina und Mal. Aber auch der Dunkle faszinierte mich auf Anhieb, seine Anziehungskraft hielt mich in jeder Seite gefangen (es kann allerdings sein, dass hier die Serie mitgeholfen hat, denn die Besetzung ist sensationell!). In gleichem Maße wie mich die Charaktere bezauberten, habe ich mich auch von der Magie einwickeln lassen.

Die letzte Seite kam jedenfalls viel zu schnell.

Fazit: Kurzweiliges Fantasy-Abenteuer.

Band II: Eisige Wellen

Titel: Eisige Wellen
Autorin: Leigh Barduro
Übersetzung: Henning Ahrens
Verlag und Copyright: Knaur TB
Seitenzahl: 448
Erscheinungstermin: 01. April 2020
Preis: 12 € (Taschenbuch)

Nach ihrem furchtbaren Kampf gegen den Dunklen, den ältesten und mächtigsten der Grisha, mussten Alina und Mal aus Ravka fliehen. Doch selbst jenseits der Wahren See sind sie nicht sicher: Der Dunkle hat überlebt und ist entschlossener denn je, sich Alinas besondere Kräfte zunutze zu machen. Denn nur mithilfe ihrer Magie kann es ihm gelingen, den Thron von Ravka an sich zu reißen.
In die Enge getrieben, bittet Alina schließlich den berüchtigten Freibeuter Stormhond um Hilfe und macht sich auf, die Armee der Grisha anzuführen.

Klappentext

Ich habe die Trilogie ja im Buddyread mit der lieben ninespo gelesen und wir haben und die Bände jeweils in drei Abschnitte eingeteilt.

Die Fortsetzung begann sagenhaft rasant und die Seiten flogen nur so dahin. Der Mittelteil hatte jedoch einige Längen, bevor der Schluss dann nochmal so richtig spannend wurde. Auch hinsichtlich der Beziehungsebene. Die Autorin hat auch nicht mit Wendungen gespart, die ich so nicht voraus gesehen habe (und in der Serie nicht vorkamen).

In Teil zwei kommen einige neue Charaktere hinzu. Insbesondere der Pirat – Verzeihung, Freibeuter – Sturmhond ist ein äußert vielschichtiger Charakter, der für einige Überraschungen sorgt. Allein deswegen, solltet ihr euch nicht mit den anderen Dilogien spoilern.

Auch Prinz Nikolai ist mir ans Herz gewachsen, daher hat es mich sehr gefreut, dass sich eine weitere Dilogie seiner Geschichte widmet. In Lodernde Schwingen bringt es Alina auf den Punkt:

Er erinnerte mich an die ineinandersteckenden Holzpuppen, mit denen ich als Kind gespielt hatte – doch er wurde nicht kleiner, sondern immer größer und geheimnisvoller.

Leigh Barduro: Eisige Wellen, S. 144

Die sich anbahnende Dreiecksbeziehung hat mir allerdings überhaupt nicht gefallen, denn ich hatte die ganze Zeit Angst, dass es genauso endet wie „Die Tribute von Panem“ endet und sich Alina für den (in meinen Augen) Falschen entscheidet.

Aber die Abschnitte, in denen es für die Protagonisten nicht so gut aussieht, sind nicht lang und die Spannung wird recht schnell aufgelöst. Das ist für mich mittlerer Weile überlebenswichtig, sonst kann ich wirklich nicht mehr Wort für Wort lesen, sondern überfliege die Seiten bis zur Auflösung; gehe dann nochmal zurück und lese ordentlich – in dem Wissen, dass alles gut wird (und wenn nicht schmeiße ich das Buch in die Ecke…).

Fazit: Super Anfang – Super Ende – nur die Mitte schwächelt.

Band III: Lodernde Schwingen

… hat mich einfach nur fertig gemacht – die reinste Achterbahnfahrt der Gefühle. Es gab Tränen. Vor Trauer, Wut, Erleichterung und Freude. Und ein einziges Bangen, ob es für Alina und Mal eine gemeinsame Zukunft gibt. Hat sie wirklich keine andere Wahl, als Zarin zu werden? Oder sich zu opfern, um an der Seite des Dunklen für Licht zu sorgen? Oder gleich ihr Leben zu geben?

Titel: Lodernde Schwingen
Autorin: Leigh Barduro
Übersetzung: Henning Ahrens
Verlag und Copyright: Knaur TB
Seitenzahl: 432
Erscheinungstermin: 04. Mai 2020
Preis: 12 € (Taschenbuch

Tief unter der Erde versteckt sich Alina vor dem Dunklen, der nun endgültig die Macht in Ravka übernommen hat. Um sie hat sich ein Kult gebildet, der sie als Sonnenkriegerinverehrt – doch in den Höhlen kann Alina ihre Kräfte nicht anrufen. Und die einst mächtige Armee der Grisha ist fast vollständig zerschlagen.
Alinas letzte Hoffnung gilt nun den magischen Kräften des legendären Feuervogels – und der winzigen Chance, dass ein geächteter Prinz noch leben könnte. Gemeinsam mit Mal macht sich Alina auf die Suche. Doch der Preis für die uralte Magie des Feuervogels könnte alles zerstören, wofür sie so lange gekämpft haben.

Klappentext

Es gab Ahnungen, Vermutungen, Ängste, aber sowohl im großen Ganzen als auch im kleinen hat mich die Autorin immer wieder überrascht; ganz oft auch leiden lassen, um mich kurz darauf vielleicht wieder zu erlösen.

Jedenfalls war ich noch nie so versucht, in die letzten Seiten zu linsen. Aber ich hatte zu viel Angst davor, dass ich Alina für den falschen entscheidet und ich dann nicht mehr weiterlesen kann.

Doch das Ende ist fantastisch. Dabei hätte es nicht mehr für möglich gehalten. Aber die Auflösung ist perfekt. Ganz großes Kino.

Die Handlung des dritten Teils ist die komplexeste. Wir erfahren immer mehr Hintergründe der Historie dieser Welt und was es mit den drei Kräftemehrern aus der Legende auf sich hat. Der dritte Band löst auch die Rätsel um den Dunklen auf.

Für mich steckte in der Geschichte auch viel Philosophisches: Zu welchen Opfern ist man bereit? Genügt ein einfaches Leben, wenn man einmal Einzigartig war? Kann man glücklich werden, in dem Wissen sich der eigenen Verantwortung für die Welt gedrückt zu haben?

Fazit: Ein fantastisches Finale: Action – Drama –  Emotionen.

Charaktere

Die Figuren, die Leigh Bardugo erschaffen hat, sind grandios. Sämtliche Charaktere wirken authentisch, sind facettenreich und jede:r für sich einzigartig. Auch wenn mich die altruistische Held:innen/Märtyrer:innen-Art der Protagonist:innen manchmal genervt hat (was habe ich in Teil III mit Mal mitleiden müssen).

Was mir gut gefiel, war die zu beobachtende Entwicklung der Charaktere und dass sie auch ihre dunklen Seiten hatten. Gerade Alina machte das in meinen Augen sehr menschlich (auch wenn ich ihr an der einen oder anderen Stelle gern mal die Meinung gegeigt hätte!).

Schreibstil

In einem Wort? Bildgewaltig.

Dabei lässt sich das Buch leicht und locker weglesen. Die Geschichte ist abwechslungsreich und hat einen spannungsgeladenen Handlungsfaden.

Die Idee, Mythen und Legenden in die Geschichte einzuweben, die teilweise Wirklichkeit wurden, hat mir ausgesprochen gut gefallen. Sensationell war auch die Balance zwischen Abenteuer, Liebe und Magie. Denn die Liebesgeschichte stand nie offensichtlich im Vordergrund, vielmehr war die besondere Verbindung von Alina und Mal auf jeder Seite spürbar.

Ungewöhnlich, aber gut: In jedem Band gibt es ein Davor und Danach, in dem ein unbeteiligter Erzähler von Alina und Mal als das Mädchen und der Junge berichtet. Der Rest ist in Ich-Form aus der Sicht von Alina geschrieben.

Midgard

Ich frage mich, ob Leigh Bardugo Pen & Paper Fantasyrollenspielerin ist. Vieles im Buch erinnert mich an das System „Midgard“: Die Art der Magie und deren Unterteilung oder die Anlehnung der Welt an Länder und Geschichte unserer Wirklichkeit. Ich glaube, dieses Hobby hat mir das völlige Eintauchen in die Welt der Autorin ermöglicht.

Lesetipp

Plant euch bitte in jedem Fall genügend Zeit ein und besorgt euch direkt alle drei Bände. Denn ihr werdet die Bücher durchsuchten.

Der einzige Kritikpunkt…

…bezieht sich auf den Verlag, nicht auf die Geschichte. Es gibt leider einige Rechtschreib- und Absatzfehler, die jedes Textverarbeitungsprogramm erkannt hätte. So etwas darf in der heutigen Zeit eigentlich nicht mehr vorkommen. Das trübt die Lesefreude ein wenig.

Ein paar Worte zur Netflixserie

Wie gesagt, habe ich vor der Lektüre die erste Staffel auf Netflix geschaut. Und auch wenn sie mir ebenfalls sehr gut gefallen hat – die Bücher waren noch viel besser!

Das liegt zum einen an dem zweiten Handlungsstrang, den sie in die Serie eingebaut haben. Der Plot um Alina und Mal gefiel mir auch hier sehr gut, aber die Geschichte in Novokribirsk fand ich etwas gekünstelt. Es kam mir so vor, als wollten sie damit etwas Game of Thrones Feeling einbauen. Zum anderen fand ich es blöd, dass sie die Anlehnung an die russische Kultur getilgt haben. So gibt es in der Serie keine Zaren-, sondern eine Königsfamilie. Doch gerade diese Analogien haben mich in den Büchern so begeistert (auch wenn mir dadurch klar wurde, wie wenig ich über die Geschichte Russlands weiß…).

Fazit

Die Grisha-Trilogie ist der perfekte Fantasy Kurztrip fürs Wochenende. Alle drei Bände greifen nahtlos ineinander und lassen sich super in einem Stück durchbingen. Außerdem ist es die perfekte Mischung aus Liebesgeschichte, Abenteuer und Magie in einer faszinierenden Welt. Insbesondere, wenn die Grisha ihre Kräfte einsetzen fühle ich mich wie mitten in einem Midgard-Abenteuer. Die Einbindung russischer Mythologie schafft eine ganz besondere Atmosphäre, die ich so noch nicht erlebt habe.

Schlussendlich liebe ich alles an diesen Büchern: Die Geschichte, die Welt, die Magie und die Charaktere. Aber ich glaube, es waren vor allem die Beziehungen untereinander, die mich so an die Bücher fesselten.

Grishaverse

Die Grisha-Trilogie sollte unbedingt in der richtigen Reihenfolge gelesen werden.

  • Goldene Flammen
  • Eisige Wellen
  • Lodernde Schwingen

Außerdem gibt es weitere Bücher aus dem Universum, die sich daran anschließen:

Glory or Grave – Dilogie

  • Das Lied der Krähen
  • Das Gold der Krähen

Thron aus Gold und Asche – Dilogie

  • King of Scars
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