Inmitten der Nacht von Rumaan Alam

Was würdet ihr machen, wenn ihr vermutet müsstet, dass Draußen gerade die Welt untergeht, ihr aber so abgeschottet seid, dass ihr euch (noch) in Sicherheit wähnt und nichts von alledem mitbekommt? Würdet ihr wissen wollen, was los ist? Oder den Kopf in den Sand stecken, nach dem Motto: Was ich nicht sehen kann, ist auch nicht real?

Klappentext

Amanda und Clay wollen mit ihren beiden Kindern eine unbeschwerte Ferienwoche auf Long Island verbringen. In einem Haus am Ende der Welt, weit weg von allem. Doch mitten in der Nacht steht dort plötzlich ein älteres, schwarzes Ehepaar vor der Tür. Die beiden behaupten, das Haus gehöre ihnen. Sie berichten, dass ganz New York im Dunkeln liege, das Leben an der Ostküste komplett lahmgelegt sei. Hier draußen jedoch, an diesem abgeschiedenen Ort, ohne Internet, Handy- oder Fernsehempfang, wissen Amanda und Clay nicht, was sie davon halten sollen. Können sie den beiden trauen? Ist dieses Ferienhaus noch ein sicherer Ort für sie und ihre Kinder? Was ist in New York, was ist in der Welt da draußen wirklich los?

Meine Meinung

Ich muss gestehen, dass ich voll auf einen Psychothriller eingestellt war (und den letzten Satz des Klappentextes anscheinend überlesen habe). Also konzentriere ich mich darauf, ob die beiden Besucher wirklich das sind, was sie vorgeben, was ihre Absichten sein könnten und ob man ihnen wohl trauen kann. Gleichzeitig ermüde ich etwas bei der langsam dahinplätschernden Handlung – warum glaubt der Autor, ich würde einen einseitigen Einkaufszettel lesen wollen? Eigentlich beobachten wir die ungewöhnliche Zwangs-WG nur dabei,  wie sie versucht, mit der Situation umzugehen.

Doch dadurch entgeht mir zum einen fast die subtile Gesellschaftskritik zwischen den Zeilen und zum anderen verpasse ich Haarscharf den Moment, in dem sich der Roman in eine Dystopie á la „Der Schwarm“ verwandelt. Ohne großen Spannungsbogen entwickelt das Buch eine gewisse Sogwirkung. Die Geschichte lebt von der Dynamik, dass weder die Figuren noch wir erfahren, was außerhalb Long Islands passiert. Lediglich einige unscheinbar eingebaute Hinweise lassen uns das Ende erahnen: Mal wird auf ein Militärflugzeug Bezug genommen oder auf eine Frau, die ertrunken ist, auf jemanden, der im Fahrstuhl feststeckt oder dass man nicht mehr erfahren wird, ob es seinen Kindern gut geht. Doch eine echte Auflösung bleibt uns verwehrt. Wir erfahren nie, was wirklich passiert ist. Das lässt einen ziemlich unbefriedigt zurück…

Die Atmosphäre ist skurril, eigentlich sollte Urlaubsstimmung herrschen und das Wetter ist gut – doch durch fehlenden Informationsmöglichkeiten und dem unerwarteten Zusammentreffen legt sich über all das ein düsterer Schleier.

Erzählt wird uns das Ganze von einem unbeteiligten Dritten, wobei die Perspektive zwischen den sechs Charakteren hin und her wechselt. Mehr Personen kommen eigentlich nicht vor, es gibt das Ehepaar, dem das Haus gehört und die vierköpfige Familie, die es gemietet hat, wobei die beiden Kinder eher eine Nebenrolle spielen. Die Figuren sind vielleicht etwas überzeichnet, gefielen mir aber ganz gut.

Fazit

Psychothriller, Gesellschaftsroman und Dystopie vereint in einem Theaterstück ohne Handlung, Spannungsbogen und Ende. Trotzdem konnte ich es nicht aus der Hand legen.

Ich kann sehr empfehlen, dieses Buch in einer stürmischen Nacht bei strömendem Regen und heulendem Wind zu lesen.

Kostenloses Rezensionsexemplar

Ich habe dieses Buch als kostenloses Rezensionsexemplar vom Bloggerportal zur Verfügung gestellt bekommen. Dies beeinflusst in keiner Weise meine Meinung.

Bibliografie

Titel: Inmitten der Nacht
Autor Rumaan Alam
Übersetzung: Eva Bonné
Verlag & Copyright: btb
Seitenzahl: 320
Erscheinungstermin: 18. Oktober 2021
Preis: 22€ (Hardcover)

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