Kretische Feindschaft von Nikos Milonás

Wäre ich dieses Jahr nicht nach Kreta in den Urlaub gefahren, hätte ich diesen Krimi wohl nie entdeckt. Und was wäre mir dann für eine tolle Cosy-Crime Reihe entgangen!

Klappentext

Frühling auf Kreta – Vor der Hafenstadt Chania blühen die Olivenbäume, doch ganz in der Nähe bricht eine alte Fehde wieder auf…
Wenn Kommissar Michalis Charisteas morgens vor der Arbeit seinen ersten Ellinikos trinkt und dabei den Blick auf den malerischen venezianischen Hafen seiner Heimatstadt Chania genießt, kann er sich nicht vorstellen, an einem anderen Fleck der Erde zu leben. Die Touristen schlafen noch, von den Bergen weht der Duft von Thymian, Oleander und den blühenden Olivenbäumen herüber und vom Meer der Geruch von Salz und Muscheln.
Alles wäre perfekt, könnte in diesem Moment seine Freundin Hannah bei ihm sein. Aber Hannah ist Deutsche und kommt nur alle paar Monate nach Kreta, was für Michalis und seine große Familie jedes Mal ein besonderes Ereignis ist und alle in helle Vorfreude versetzt.
So auch an diesem Tag Ende April. Doch noch bevor Michalis Hannah am Nachmittag am Flughafen in die Arme schließen kann, steckt er mitten in einem neuen Fall. Der Bürgermeister des Nachbarorts wird vermisst und kurz darauf tot in einem Autowrack an der Felsenküste gefunden. Ein Unfall, wie die örtliche Polizei schnell feststellt. Doch im Gegensatz zu seinen Kollegen gibt sich Michalis nicht mit einfachen Erklärungen zufrieden. Bei seinen nicht immer ganz offiziellen Ermittlungen stößt er auf alte Feindschaften, die weitere Opfer fordern werden …

Über den Autor

Ausnahmsweise widme ich mich als erstes den Angaben zum Autor, da sie durchaus relevant für meine Bewertung sind. Hinter dem Namen Niko Milonás vermutete ich nämlich einen griechischen Autor und war etwas enttäuscht, dass sich dahinter der deutsche Frank D. Müller ohne jegliche griechische Wurzeln verbirgt. Beim Lesen erkennt man schnell, dass er sich gut auf der Insel auskennt, sonst hätte er die kretische Lebensart nicht so gekonnt einfangen können. Ein griechisches Pseudonym ist daher in meinen Augen völlig unnötig, wenn nicht sogar kontraproduktiv.

Meine Meinung

Diesen Kriminalroman auf Kreta zu lesen, war ein besonderes Vergnügen. Nicht zuletzt aufgrund der Taverne von Michalis Eltern, bringt das Buch nämlich eine ordentliche Portion kulinarischer Genüsse mit sich (lieben wir!)  und es hat mir großen Spaß gemacht, die genannten Gerichte und Getränke auf den Speisekarten der Restaurants und Bars zu suchen und auszuprobieren.  

Neben viel Lokalkolorit besticht die Geschichte aber vor allem durch ihre liebevoll gezeichneten Charaktere, obwohl es zunächst gilt, sich durch Michalis Großfamilie durchzufinden. Da ist das Personenregister zu Beginn schon echt hilfreich. Vor allem, weil darüber hinaus viele weitere Figuren mit für mich sehr ähnlich klingenden Namen auftauchen. Das trägt zwar sehr zur Atmosphäre bei, erschwert es mir aber etwas, der Geschichte zu folgen.

Erfrischend anders ist das Setting: Der Protagonist ist nämlich nicht der „Chef de Police“, sondern ein ganz „einfacher“ Kommissar. Mit seiner freundlichen, aber durchaus selbstkritischen Art, habe ich Michalis sofort in mein Herz geschlossen. Dass der Autor bei seinen Figuren oft mit Stereotypen arbeitet, ist mir zwar aufgefallen, hat mich jetzt aber nicht weiter gestört. Die Griechen zeichnet er unorganisiert, unwillig, lässt Korruption und Mauscheleien durchblicken, wohingegen die Deutschen nur nach Listen arbeiten und sämtlich unter Kontrollzwang leiden. Seine Beziehung zu der deutschen Hannah bietet daher großes Konfliktpotenzial, vor allem, weil er nach seiner Versetzung aus Athen erstmal bei seinen Eltern untergekommen ist, und damit auch Hannah bei ihnen wohnt, wenn sie ihn besucht. Nun ist seine Familie ebenso groß wie Chania klein ist und so prallt die laute und gastfreundschaftliche kretische Art auf die der zurückhaltenden, strebsamen Deutschen, was die Geschichte äußerst spannend macht. Dennoch wächst einem die Verwandtschaft ebenso ans Herz. Durch Hannah gewinnt Michalis außerdem eine deutsche Perspektive, die ihn bei seinen Ermittlungen ein ums andere Mal zum Verzweifeln bringt, weil Kreta eben anders funktioniert als Berlin.

Der Schreibstil ist unterhaltsam und auch der Kriminalfall selbst liest sich fesselnd und hält einige Wendungen bereit.

Fazit: Familiengeschichte meets Cosy Crime.

Ein wirklich schöner Cosy Crime, um sich nach Kreta zu träumen oder vor Ort zu lesen. Da ich unbedingt wissen will, wie es mit Michalis und Hannah weitergeht – vor allem, ob sie es jemals schaffen werden, aus seinem Elternhaus rauszukommen – ist Band II schon bestellt.

Krimireihe

  • Band 1: Kretische Feindschaft
  • Band 2: Kretischer Abgrund
  • Band 3: Kretisches Schweigen
  • Band 4: Kretische Ehre
  • Band 5: Kretische Nacht

Bibliografie

Titel: Kretische Feindschaft – Ein Fall für Michalis Charisteas
Autor: Nikos Milonás
Verlag: FISCHER Taschenbuch
Seitenzahl: 400
Erscheinungstermin: 28. April 2021
Preis: 14,99 € (Klappenbroschur)

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