Shelter von Ursula Poznanski

Ein Buch von Ursula Poznanski liegt bei mir nie lange auf dem SuB, aber die Lektüre von „Shelter“ kam dann doch etwas überraschend. Eigentlich hatte ich nämlich schon zwei Romane angefangen, aber bei unserem gemeinsamen Buddyprojekt zum Rezi-Support hat mich die liebe @ninespo so angefixxt, dass ich noch am selben Abend die ersten 100 Seiten weggesuchtet habe. Naja, Schlaf wird ja ohnehin völlig überbewertet.

Klappentext

Die Idee war völlig verrückt und sie wären niemals darauf gekommen, wenn die Party nicht so aus dem Ruder gelaufen wäre. Aus einer Katerlaune heraus erfinden Benny und seine Freunde eine irre Geschichte über außerirdische Besucher und verbreiten sie im Internet. Gespannt wartet die Clique ab, was passiert. Zu ihrer eigenen Überraschung nehmen immer mehr Menschen die Sache für bare Münze und Bennys Versuche, alles aufzuklären, bringen ihn schon bald in Lebensgefahr.
Was, wenn du dir eine völlig absurde Geschichte ausdenkst, sie zum Spaß in die Welt setzt und plötzlich glauben alle daran? Ein schockierender Thriller über einen Streich, der zur verwirrenden Realität wird.

Charaktere

Da es im Roman hauptsächlich um psychologische Prozesse und menschliche Verhaltensweisen geht, beginne ich mal mit den Figuren, die allesamt sehr präzise gezeichnet sind. Die Clique besteht aus sehr verschiedenen interessanten Charakteren und schon bei der Ausgangsszene auf Nandos Geburtstagsfeier hatte ich jede:n einzelne:n von ihnen vor Augen. Als ich diesen Abschnitt las, wollte ich nichts lieber, als an dieser verrückten Idee mitzuarbeiten statt die Szenerie „nur“ zu lesen (nach der Lektüre würden mich jedoch keine zehn Pferde mehr dazu bringen bei so etwas mitzumachen).

Die Psychologiestudentin Liv ist die treibende Kraft hinter der Idee und in meinen Augen neben dem eigentlichen „Widersacher“ eine Antagonistin. Da sie mit der Themensuche ihrer Abschlussarbeit Probleme hat, wittert sie in der Verschwörungstheorie ihre Chance. Doch sie verbeißt sich so sehr in das Projekt, dass sie alle Mittel heiligt, um es zum vollen Erfolg zu machen.

Von Benny stammt die Idee mit den Aliens. Er entwickelt sich zum Haupt-Protagonist und gefiel mir auf Anhieb. Aus seiner Sicht wird uns die ganze Geschichte erzählt. Ich fand ihn authentisch und habe permanent mit ihm mitgefiebert. Er hat ursprünglich mal Informatik studiert, jobbt derzeit aber als Barista und versucht sich als Schauspieler. Durch das ganze Buch ziehen sich daher Auszüge aus Theaterstücken, die er für sein Vorsprechen probt. Das hat mir sehr gut gefallen.
Was ich auch gut fand, war, dass der Hauptcharakter mal kein typischer Beau ist, dem alle Mädchen sofort zu Füßen liegen.
Einzig die geheimnisvollen Verweise auf seine Vergangenheit fand ich etwas seltsam, auch als sie aufgedeckt wurden. Das hätte man sich sparen können.   
Beim Versuch das Richtige zu tun bringt er nicht nur seine Freunde gegen sich auf sondern auch sich selbst in größte Gefahr.

Nando ist der Puffer zwischen Benny und Liv. Sein Verhalten ist nicht immer nachvollziehbar und ich hätte ihn gern einige Seiten lang mal ordentlich geschüttelt, um ihn wach zu rütteln.

Von Darya – in die Benny mehr oder wenig heimlich verknallt ist – erfährt man eigentlich sehr wenig. Außerdem passt es zu ihrem Charakter, dass sie sich zurückhält. Dennoch ist ihre Hintergrundgeschichte ähnlich komplex wie Bennys. Zum Ende hin lernen wir sie bzw. eher ihre Familiengeschichte etwas besser kennen, was ihr vorangegangenes Verhalten sehr gut erklärt.

Über Tyll erfährt man am wenigsten. Er spielt wirklich nur eine Nebenrolle.

Die Gruppendynamik in der Clique hat mir auch sehr gut gefallen.

Die Identität ihres Gegenspielers ist leider enttäuschend. Und auch der völlig weirde Twist, der zur Auflösung führt, kann mich nicht überzeugen. Es ist, als würde die Autorin nach 300 Seiten den Plot wechseln und ein komplett anderes Thema adressieren. Für mich passen die beiden Handlungsstränge nicht zueinander, daher wirkt ihre Verbindung konstruiert und das Ende zu gewollt.

Handlung und Sprachstil

Die Grundidee der ausgedachten Verschwörungstheorie ist fantastisch. Gerade wenn man sich das aktuelle Pandemiegeschehen ansieht, resultiert daraus ein ganz besonderer Thrill. Ein wenig erinnert der Plot an das Buch „Die Welle“, in dem der Protagonist auch „nur“ die Dynamik des dritten Reichs darstellen wollte, was ebenfalls vollkommen aus dem Ruder gelaufen ist.

Dass Ursula Posnanski spannende Bücher schreiben kann, hat sie ja schon mehrfach bewiesen. Sie hat einfach ein Talent dafür, uns ihre Geschichten so realistisch zu erzählen, dass sie sich erschreckend echt anfühlen. Diese hier war mir jedoch stellenweise zu aussichtslos und düster, was ich nicht so gut aushalten kann (und dann fange ich an, quer zu lesen, bis es vorbei ist, was ich im Nachhinein immer schade finde).

Botschaft

Aus der Geschichte lässt sich für mich die Botschaft herauslesen, wie schnell ein Scherz ins Gegenteil umschlagen kann und gefährlich wird. Wie naiv viele Menschen Informationen annehmen, ohne sie zu hinterfragen oder auch einfach nur den gesunden Menschenverstand einzuschalten.

Fazit

Shelter ist ein brandaktuelles Jugendbuch mit einzigartiger Storyline und leichtem Hang zum Spionagethriller. Die Geschichte führt uns authentisch vor Augen, was Verschwörungstheorien anrichten können und wie sie unsere hässlichsten Seiten zum Vorschein bringen.

Es beginnt sagenhaft vielversprechend, lässt aber zum Ende hin leider stark nach. Daher kann es für mich auch nicht mit Erebos mithalten.

Hörbuch

Vielleicht hätte ich lieber zum Hörbuch greifen sollen. Die Geschichte bleibt selbstverständlich dieselbe, aber sie wurde wieder von meinem Lieblingsfragezeichen Jens Wawrczeck eingelesen und das ist immer ein ganz besonderer Genuss!

Bibliografie

Titel: Shelter
Autorin: Ursula Poznanski
Shelter
Verlag & Copyright: Loewe
Seitenzahl: 432
Erscheinungstermin: 2021
Preis: 19:95€ (Hardcover)

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