Ein weiterer Roman aus der Reihe des Aufbauverlags „Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe“, ein weiterer Buddyread mit der lieben Nina und die zweite Romanografie aus der Feder von Michelle Marly. Ohne zu viel vorweg nehmen zu wollen oder gar selbstverliebt zu klingen: Wir haben ein unglaublich gutes Händchen bei der Buchauswahl. Fast könnte man die Behauptung aufstellen, wenn es ein Buch schafft bei uns beiden einzuziehen, kann es kein Pizzabrot sein (Dazu muss man wissen, dass mein Mann und ich vor Jahren mal ein Rezept für Pizzabrot ausprobiert haben. Stundenlang standen wir in der Küche und als es so ca. um zehn Uhr abends endlich fertig war, schmeckte es furchtbar und alle Bringdienste und Restaurants hatten schon geschlossen!).
Klappentext
1958: Die junge Romy fühlt sich in einer Sackgasse gefangen. Als Sissi ist sie zum Weltstar geworden, doch sie ist es leid, immer nur das süße Mädel zu geben. Sie träumt von einer Laufbahn als Charakterdarstellerin. Dann lernt die wohlbehütete Romy bei Dreharbeiten den noch unbekannten Alain Delon kennen – und verliebt sich in den rebellischen jungen Mann. Gegen den Willen ihrer Familie folgt sie ihm nach Paris. Doch Romys Karriere gerät ins Stocken, und schon bald erlebt auch ihre Liebe zu Alain eine Krise …
Meine Meinung zur Handlung
Auf den ersten Blick mag das Buch nach einer Liebesgeschichte klingen, doch es ist viel mehr als das; vor allem ein Ausschnitt aus der Lebensgeschichte eines Kinder- und Jugendstars. Folgendes Zitat bringt es auf den Punkt:
Ein kleines Mädchen, das die Jugend übersprungen hatte, um sich nun wie eine Erwachsene zu benehmen.
Michelle Marly: Romy und der Weg nach Paris, S. 177 f.
Dabei lebt die Geschichte insbesondere von den wenigen aber äußerst vielschichtigen Charakteren und ihren Beziehungen zueinander.
Charaktere
Insbesondere erfasst Michelle Marly Romy Schneiders Charakter mit einer Tiefe, die mich sehr beeindruckt hat.
So konnte ich ihre Zerrissenheit zwischen Liebe, Dankbarkeit und Abhängigkeit zu den Eltern, der Karriere und dem Bedürfnis zur selbstständigen Frau und als solche begehrt zu werden leicht nachempfinden.
Etwas seltsam erschien mir jedoch, wie schnell Romy ihre Meinung über Alain Delon geändert hat oder böse gesagt: auf ihn herein fiel… (Am Anfang konnte sie ihn und seine arrogante Art nämlich gar nicht leiden). Vielleicht sollte dieser Sinneswandel jedoch nur ihre Naivität aufzeigen.
Beeindruckend ist in jedem Fall, wie es die Autorin schafft, Alain Delon als Romys große Liebe in Erscheinung treten zu lassen, ohne dass sich ihre Prioritäten schlagartig ändern und sich alles nur noch um ihn dreht. Sie hätte sich vermutlich auch ohne ihn in eine ähnliche Richtung entwickelt. Insbesondere in Anbetracht der Tatsache, wie heftig sie ihre Eltern bevormunden. Während sie Sissi und das damit verbundene Rollenklischee des braven Wiener Mädels abzulegen versucht, wollen ihre Eltern an dieser altbewährten und lukrativen Rolle festhalten. Alain Delon hat sie in beidem nur unterstützt. Wie hat es mein Buddyread Nina so schön formuliert: „Er fungiert lediglich als eine Art Katalysator.“
Daher gefällt mir der Roman auch besser als Marlys erste Romanografie: „Coco und der Duft der Liebe“. Vor allem ärgert es mich, dass sie hier auf wenigen Seiten eine Coco Chanel kreiert, die ihrem Charakter so viel besser entspricht als in ihrem eigenen Roman geschehen…
Nun hatten wir aber auch den direkten Vergleich, da wir Coco direkt davor gelesen haben. Und die eingebauten Begegnungen zwischen ihr und Romy waren natürlich sensationell!
Bzgl. der Toxizität der Liebesbeziehung hatte ich immer mal wieder ein kleines Deja vu im Hinblick auf „Frida Kahlo und die Farben des Lebens“.
Die Figur des Alain Delon wird von der Autorin so gut eingefangen wie Romy selbst. Er ist eben nicht nur das arrogante schöne Gesicht, sondern ebenfalls ein komplexer Charakter.
Was ich sehr angenehm fand, war, dass Alains Affairen nicht so häufig thematisiert wurden. Das machte das Lesen etwas leichter und ich konnte dadurch auch Romys Entscheidung, ungeachtet seiner Untreue bei ihm zu bleiben, besser annehmen.
Tipp: Wenn ihr nicht viel über Alain Delon wisst, meidet Google und das Nachwort. Beides lässt euch das Buch nicht vorurteilsfrei lesen.
Zusammengefasst staune ich also immer wieder über die vielen Schattierungen, mit der Michelle Marly die Figuren gezeichnet hat sowie die komplizierten Beziehungen untereinander. Nutzen Romys Eltern sie aus? Insbesondere ihr Stiefvater? Oder haben sie am Ende doch Recht behalten? Und wollen doch nur ihr Bestes? Was ist mit Alain, nutzt er sie aus? Insbesondere am Anfang? Ihr Geld, ihre Berühmtheit? Doch ganz so einfach ist es eben nicht und das weiß die Autorin einzufangen.
Sprachstil
Wie erwartet schreibt Michelle Marly wieder sehr flüssig in bildhafter Sprache, so dass ich Romy und ihre Mutter direkt vor Augen hatte.
Paris
Das Setting ist natürlich ein literarischer Traum, ich hatte sofort Les Halles (in meiner Erinnerung natürlich mittlerer Weile eine Shopping Mall…) und die anderen Orte vor Augen. Und bekam sofort Fernweh!
Klitzekleiner Kritikpunkt
Die Geschichte zeigt leider nur einen ganz kleinen wenngleich äußerst prägenden Abschnitt ihres Lebens. Ich hätte es toll gefunden, wenn man noch den Bogen zur „erwachsenen“ Romy hätte schlagen können.
Nachwort
Dafür gibt es aber wieder eine kurze Aufdröselung von Fakten und Fiktion, was mir ja immer sehr dabei hilft, den Roman einzuordnen.
Fazit
„Romy und der Weg nach Paris“ ist für mich auf gleichem Niveau wie „Frida Kahlo und die Farben des Lebens“. Der Roman bedient sich nur weniger fiktionaler Elemente, um uns die Lebens- und Liebesgeschichte der Rosemarie Magdalena Albach alias Romy Schneider auf unterhaltsame Weise näher zu bringen.
Infos
Titel: Romy und der Weg nach Paris
Autorin: Michelle Marly
Verlag und Copyright: Aufbauverlag
Seitenzahl: 415
Erscheinungsdatum: 15. März 2021
Preis: 12,99 € (Klappenbroschur)
Ein Gedanke zu „Romy und der Weg nach Paris von Michelle Marly“