The Atlas Six von Olivie Blake

Sechs magisch begabte Kandidat*innen, die um einen außergewöhnlichen Studienplatz an der alexandrinischen Gesellschaft kämpfen, in der die altehrwürdige Bibliothek ein Eigenleben entwickelt hat – selbstverständlich will ich diese Trilogie lesen! Außerdem hatte ich mit @bookies.behind.covers eine ganz tolle Leserunde dazu.

Klappentext

Die Bibliothek von Alexandria ist niemals untergegangen, sie verwahrt im Verborgenen seit Jahrtausenden die dunkelsten Geheimnisse der Menschheit. Alle zehn Jahre bekommen die talentiertesten Magier*innen ihrer Generation die Möglichkeit, das uralte Wissen zu studieren: Jene, die die Initiation überstehen, erwarten ungeheurer Reichtum, Macht und Weisheit. Doch von den sechs Auserwählten werden nur fünf überleben.
Dieses Mal sind mit dabei: Libby Rhodes und Nico de Varona, zwei begnadete Physiomagier von der New York University of Magical Arts, die einander nicht ausstehen können. Die Telepathin Parisa Kamali und der Empath Callum Nova, beide Meister der Manipulation. Tristan Caine, der zynische Sohn eines Londoner Gangsters, der jede Illusion durchschauen kann, und Reina Mori, eine mysteriöse Naturmagierin aus Japan.

Meine Meinung

„The Atlas Six“ ist ein Dark Academia Roman, der den Fokus auf starke Figuren und eine ganz besondere Gruppendynamik legt, die dadurch entsteht, dass von den sechs Kandidat*innen nicht nur eine*r zum Schluss keinen Studienplatz erhält, sondern auch getötet werden muss. Das fand ich schon ziemlich heftig, vor allem, weil es ihnen vor Antritt des Bewährungsjahres nicht gesagt wurde. Insgesamt darf man bei der Lektüre nicht zu zart besaitet sein, denn es geht mitunter schon recht brutal zu.

Die Charaktere sind extrem detailreich und mit sehr individuellen Stärken und Schwächen gezeichnet. Vor allem gefällt mir, dass sie alle ihre eigenen Moralvorstellungen darüber haben, was Gut und Böse ist. Das bringt eine interessante Spannung in die Gruppe und verhindert ein Schwarz/Weiß-Denken. Auch ihre Motive, an diesem Auswahljahr teilzunehmen, sind völlig verschieden, wenngleich allesamt sehr spannend, so dass man unbedingt wissen möchte, wie es weitergeht.

Durch die unterschiedlichen Persönlichkeiten (die Olivie Blake extrem authentisch rüberbringt), die eigentlich nur eine extreme Zielstrebigkeit gemein haben, gepaart mit der Konkurrenzsituation, sind die zwischenmenschlichen Beziehungen der Kandidat*innen kompliziert und verändern sich immer wieder im Laufe des ersten Jahres.

Da es darum geht, Bündnisse zu schließen und damit besonders wertvoll für die Gruppe zu sein, wird eingeschüchtert, manipuliert und integriert, dass sich die Balken biegen. Und ihr wisst, dass ich sowas normalerweise gar nicht gut aushalten kann. Trotzdem hat es die Autorin hier irgendwie geschafft, mich bei der Stange zu halten und sogar noch anzufixxen.

Die Geschichte wird abwechselnd aus Sicht der sechs Protagonist*innen erzählt, was mich nicht nur aufgrund der Anzahl an „Das Lied der Krähen“ erinnert (obwohl Atlas Six da natürlich nicht rankommt). So ein Stil gefällt mir immer gut, weil man damit einen Einblick in die Gefühle und von allen erhält und damit auch deren Handlungen gut nachvollziehen kann.

Da Libby und Niko beides Physiomagier sind, stehen sie natürlich in besonderer Konkurrenz. Das unterstreicht ihre gegenseitige Abneigung, außerdem kennen sie sich ja auch schon. Erst dachte ich, das wird so eine Enemies to Lovers Geschichte, aber in diesem Roman geht es eindeutig nicht um Romance… Dass mir das Buch trotzdem so gut gefallen hat, spricht ebenfalls sehr für die Geschichte.

Libby mochte ich am liebsten, was vielleicht daran lag, dass ich mich mit ihr am ehesten identifizieren konnte. Sie ist fleißig, zielstrebig und trotz ihrer Fähigkeiten etwas unsicher. Allerdings kann es mit ihr auch etwas anstrengend werden.

Niko mochte ich schon allein aufgrund seiner Zuneigung zu seinem ehemaligen Mitbewohner Gideon, der etwas ganz Besonderes ist und später auch noch eine Rolle spielt.

Reinas Figur ist als „Mutter aller Pflanzen“ sehr besonders. Aber wie alle Mütter, zehrt diese Rolle an ihrer Energie. Ihre Fähigkeiten beinhalten, dass sie mit Pflanzen sprechen kann. Doch durch ihre ruhige Art bleiben sie und ihre Macht etwas undurchsichtig.  

Parisa mochte ich gemeinsam mit Callum am wenigsten. Vielleicht, weil sie die mir am fernsten Moralvorstellungen vertreten, egoistisch nur ihre eigenen Ziele verfolgen und ganz groß im Intrigieren sind. Im Gegensatz zu den Anderen spüre ich bei ihnen auch kein Licht am Ende des Tunnels. Gleichzeitig ähneln sich ihre Mächte so, dass sie – aber anders als Libby und Niko – eine besondere Konkurrenz untereinander erfahren.

Parisa kann ins Unterbewusstsein anderer eintauchen und sie so manipulieren. Dadurch benutzt sie ihre Mitmenschen wie es ihr beliebt. Sie ist wunderschön und wird von anderen oft auf ihr Äußeres reduziert. Allerdings oder aus diesem Grund, setzt sie ihre Reize ohne Scham ein. Ihre Motive bleiben am längsten verschleiert, aber sie hat auch eine der härtesten Hintergrundgeschichten. Im Kern wirkt sie also einsam, obwohl sie mit Menschen spielen kann wie sie will.

Callum ist der in meinen Augen bösartigste Charakter der Gruppe. Seine Fähigkeit ist ähnlich zu Reinas; er kann Gedanken und Gefühle lesen und so andere Menschen für seine Zwecke missbrauchen. Vor allem ist er so gut darin, dass die Menschen es gar nicht mitbekommen, wenn sie manipuliert werden. Es wirkt, als mache er dieses Jahr nur so zum Spaß; seine eigentlichen Motive bleiben verborgen. Wie alle Bösewichte ist er aber trotzdem ein extrem interessanter Charakter, der mit seinen Äußerungen auch oft ins Schwarze trifft und zum Nachdenken anregt.

Tristans Fähigkeit, Illusionen zu durchschauen, wirkt im ersten Moment nicht so mächtig wie die der anderen. Doch in ihm steckt viel Potenzial, insbesondere wenn er sich in ein Team einbringt. Mit einem Gangsterboss als Vater hat er außerdem eine sehr spannende Hintergrundgeschichte. Irgendwie gerät er zwischen die Fronten von Parisa und Callum, deren Charme (oder Magie?) er sich nicht entziehen kann.

Neben diesen „Six“ spielen von der alexandrinischen Gesellschaft außerdem noch Atlas und Dalton eine Rolle.

Atlas erinnert mich etwas an Albus Dumbledore: ein gütiger Mentor, der jedoch umso schwerer zu durchschauen ist, je näher man hinsieht. Auch er bringt einen komplexen Charakter mit, von dem man erst gegen Ende ein wenig mehr erfährt.

Dalton wirkt freundlich, aber naiv. Und auch in ihm scheint mehr zu stecken, als man auf den ersten Blick erkennen mag.

Im Prinzip kann man auch die Bibliothek als eigenständige Figur verstehen. Sie hat mich besonders fasziniert, vielleicht auch, weil sie so schwer einzuordnen ist.

Während ihres Bewährungsjahres erfahren die Kandidat*innen immer mehr über ihre Magie, lernen sich und die anderen besser kennen und einzuschätzen und beschäftigen sich mit den verschiedensten Themengebieten, die durchausmal philosophisch daher kommen.

Das Setting der Bibliothek Alexandrias ist natürlich ein Traum jedes Booknerds und dadurch, dass die Protagonist*innen auch dort wohnen, kommt Internatsfeeling auf. Streitigkeiten bis hin zu Kleinkriegen stehen im Fokus und Intrigen sind unvermeidlich, aber sie waren immer gut auszuhalten. Außerdem haben sie den Plot belebt.

Aber nicht nur die Figuren, sondern auch das Magiekonzept und deren Einbettung in unsere Welt hat mir gut gefallen. Es braucht jedoch etwas Zeit, um es ganz zu verstehen. Olivie Blake verknüpft nämlich das mystische mit den uns in der realen Welt bekannten Naturgesetzen. Dabei gibt es verschiedene Magiearten wie bspw. Physiomagie, Telepathie, Empathie, Illusionisten und Naturmagie. Auch durch die alexandrinische Gesellschaft muss man erstmal durchsteigen, denn sie ist ziemlich komplex; aber auch interessant. Leider bleibt die Magie etwas im Hintergrund und es geht primär darum, wie sich die Figuren um die Studienplätze streiten.

Olivie Blake schreibt bildhaft, fesselnd und humorvoll. Am Ende wird es dann so richtig spannend und rasant. Es bleiben einige Fragen offen und es gibt einen Cliffhänger, die gut zu Band II hinführen.

Fazit

„The Atlas Six“ ist in meinen Augen ein sehr gelungener Auftakt mit starken Charakteren, erträglichem Gossip und einem tollen Weltenaufbau.

Reihenfolge

  • Band 1: The Atlas Six
  • Band 2: The Atlas Paradox
  • Band 3: The Atlas Complex

Bibliografie

Titel: The Atlas Six
Autorin: Olivie Blake
Übersetzung: Heide Franck, Alexandra Jordan
Verlag & Copyright: FISCHER Tor
Seitenzahl: 544
Erscheinungstermin: 28.09.2022
Preis: 24 € (Hardcover)

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