Underground Railroad von Colson Whitehead

Gerade noch rechtzeitig, Buch Nr. 8, vorgestellt von @jan.ehlert.kultur: „Underground Railroad“ von Colson Whitehead. Und ich gestehe, meine Kenntnisse über Sklaverei in den USA zu Beginn des 19. Jahrhundert beschränkt sich auf den Inhalt von „Fackeln im Sturm“…

Klappentext

Cora ist nur eine von unzähligen Schwarzen, die auf den Baumwollplantagen Georgias schlimmer als Tiere behandelt werden. Alle träumen von der Flucht – doch wie und wohin? Da hört Cora von der Underground Railroad, einem geheimen Fluchtnetzwerk für Sklaven. Über eine Falltür gelangt sie in den Untergrund und es beginnt eine atemberaubende Reise, auf der sie Leichendieben und Kopfgeldjägern, aber auch heldenhaften Bahnhofswärtern begegnet. Jeder Staat, den sie durchquert, hat andere Gesetze, andere Gefahren. Wartet am Ende wirklich die Freiheit?

Meine Meinung

Was in der Serie schon erschütternd rüberkam, erfahren wir im Roman hautnah aus der Perspektive von Cora, die – auf einer Baumwollplantage groß geworden, geschunden, vergewaltigt und ausgepeitscht – die gefährliche Flucht in den Norden wagt.

Dabei verwebt der Autor geschickt Historisches mit Fiktionalem zu einer Geschichte, die nachhallt. Eine U-Bahn gab es damals selbstverständlich noch nicht, wohl aber Tracks, die Menschen von Haus zu Haus aus dem Süden in den Norden schmuggelten. Colson Whitehead schreibt fesselnd und emotional, ich leide, bange und zittere mit der Protagonistin mit und frage mich, wie Menschen einander so etwas antun konnten – vor nicht mal 200 Jahren… Immer wieder unterbreche ich die Lektüre, um zu googeln: wo verlief die Grenze zwischen Nord- und Südstaaten? Wie konnte es zur Sklaverei kommen?

Das Buch gliedert sich in mehrere Teile und wir springen zwischen verschiedenen Figuren und Zeiten hin und her. Am Ende ergibt sich aus diesen einzelnen Momentaufnahmen eine stimmige und authentisch erscheinende Geschichte.

Zunächst erfährt man viel über das Leben auf der Plantage und die Grausamkeiten, die die Besitzer den Sklaven antun. Aber auch wie schlecht sie sich untereinander behandeln; insbesondere die Frauen. Die Fluchtpassage hätte ich mir länger vorgestellt, stattdessen ist sie nach einigen Seiten vorbei.

Gegenspieler ist dabei nicht nur der verbleibende Plantagenbesitzer, sondern auch der Sklavenjäger, der die entlaufenden Cora und Ceasar wieder zurückbringen soll. Er ist gut, aber auch er hat keine hundertprozentige Erfolgsquote. Nie hat er vergessen, dass er Margie – Coras Mutter – nicht geschnappt hat. Daher sucht er nun umso verbissener nach ihrer Tochter. Sein Vater, der Schmied, ist eher gegen die Sklaverei, verdient durch den Verkauf von Hals-, Arm- und Beinketten aber indirekt mit.

Anschließend wechselt der Plot wieder zu Cora und ihrem Leben in South Carolina, wo sie unter neuen Namen als freie Schwarze arbeitet und lebt. Doch auch dort ist nicht alles gut, Schwarze werden ohne ihr Wissen als medizinische Versuchskaninchen missbraucht.

Das Syphilis-Programm sei nur eine von vielen Studien und Experimenten, die im farbigen Flügel des Krankenhauses durchgeführt würden. Ob Sam wisse, dass der auf dem afrikanischen Kontinent beheimatete Stamm der Igbo für Nervenleiden anfällig sei? Für Selbstmord und düstere Stimmungen? Der Doktor erzählte die Geschichte von vierzig Sklaven, die auf einem Schiff aneinandergekettet gewesen und lieber alle zusammen über Bord gesprungen seien, als in Gefangenschaft zu leben. Wie musste man beschaffen sein, um auf einen derart aberwitzigen Schritt zu kommen und ihn auch noch auszuführen?

Colson Whitehead: Underground Railroad, S. 143

Doch Cora muss weiterziehen und bringt dadurch sich und ihre Verbündeten in große Gefahr. Wochenlang wird sie auf dem Dachboden versteckt. Eine weitere grausam beschriebene Anekdote, aber man erfährt auch viel über die sehr menschlichen Gedanken ihrer „Gastgeber“.

Es kommt wie es kommen muss und sie wird geschnappt. Was dann folgt, ist physische und psychische Gewalt pur: Nichts für schwache Nerven.

Wie wird die Sache für Cora ausgehen? Kann sie sich befreien? Was wird der Plantagenbesitzer wohl mit ihr anstellen, wenn er sein Eigentum zurückbekommt? Um das zu erfahren, müsst ihr den Roman schon selber lesen.

Fazit

Ein unfassbar schockierender, aber zugleich auch beeindruckender und lehrreicher Roman über die Sklaverei in den Vereinigten Staaten von Amerika. Und mir wird klar: Nicht nur wir Deutschen haben eine grausame Vergangenheit aufzuarbeiten…

Eine ganz klare Leseempfehlung!

Bibliografie

Titel: Underground Railroad
Autor: Colson Whitehead
Übersetzung: Nikolaus Stingl
Verlag & Copyright: FISCHER
Erscheinungsdatum: 27. Februar 2019
Seitenzahl: 352
Preis: 13 € (Taschenbuch)

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