Das Weingut – Tage des Schicksals von Marie Lacrosse

Das Cover ist sooo schön! Und wie passend, dass der Roman im Herbst erschienen ist. Durch die rötliche Färbung gefällt mir der Titel noch besser die ersten beiden. Da bekomme ich sofort Lust, mir eine Flasche Rotwein aus dem Keller zu holen, mich in eine Decke zu kuscheln – die Katze auf dem Schoß – und mit der Lektüre zu beginnen. Der Einband ist wieder von dieser samtigen Art, die ich schon bei den Vorgängern so schön fand. Alle drei passen so toll zusammen und sind ein echter Hingucker im Bücherregal!

Copyright Cover: Slow Images / Gettyimages / Max shen / gettyimages FinePic, München

Aufbau und Einstieg

Der Schreibstil ist wie erwartet flüssig und leicht lesbar. Und dass, obwohl das Buch so viele historische Fakten und Hintergrundinformationen enthält!

Auch der Aufbau ist sehr schön: Während zwei Landkarten Elsaß-Lothringens und von den Orten, an denen die Geschichte spielt, einen geografischen Überblick bieten, werden die Charaktere wie in einem Theaterprogramm zu Beginn aufgelistet. Ein Glossar am Ende des Buches erläutert mögliche unbekannte Begriffe und der Quellennachweis liefert Stoff zur Vertiefung des Themas.

Nicht neu, aber weiterhin gut gefallen haben mir die nach Orten und Personen unterteilten kurzen Kapitel, die die Lesbarkeit erhöhen, allerdings auch die Gefahr, immer weiter lesen zu wollen, ganz nach dem Motto: „… och, nur noch ein Kapitelchen“…

Der Einstieg in den dritten Band gelingt ganz leicht. Rückblicke und Erläuterungen der ersten beiden Teile werden immer dann in die Geschichte eingewoben, wenn sie erforderlich scheinen. Das Konzept „so viel wie nötig, so wenig wie möglich“, lässt es einerseits für Kenner*innen der Vorgänger nicht langweilig werden und erleichtert den Wiedereinstieg. Anderseits ermöglicht es Erstleser*innen, den Band unabhängig von den anderen zu lesen. Auch wenn ich das niemandem empfehlen würde, denn gerade die Entwicklung der Figuren, der politischen Hintergründe und selbst des Weinanbaus über die Jahrzehnte hinweg, macht einen Teil des Reizes dieser Reihe aus.

Worum geht es in Teil III?
Achtung SPOILER ZU BAND I UND II!

Weingut und Weinhandel Gerban in Elsass-Lothringen: Das 19. Jahrhundert nähert sich dem Ende. Irene und Franz sind verheiratet und haben neben Fränzel auch noch ein Zwillingspärchen – Sophie und Klara – bekommen. Die Handlung dreht sich dieses Mal primär um den Konflikt, der sich aus Irenes Wunsch, sich für die Arbeiterinnen einzusetzen – geboren aus ihrem starken Gerechtigkeitssinn gepaart mit furchtbarer Langeweile – und Irenes neuer gesellschaftlichen Stellung sowie Franz politischer Karriere ergibt.

Einfühlsam beschreibt Marie Lacrosse die unterschiedlichen Perspektiven der Eheleute, so dass Handlungen und Verhaltensweisen beider durchaus nachvollziehbar sind.

Natürlich dürfen auch kleinere und größere Intrigen von Franz Schwester Mathilde und seiner Tante Ottilie nicht fehlen. Eine neue Liebesgeschichte erleben wir zwischen Franz Mutter Pauline und einem mysteriösen Adligen.

Obwohl es schon im zweiten Band sehr anschaulich verdeutlicht wurde, war ich wieder sehr erschrocken über die beschriebene Abhängigkeit der Frauen von ihren Ehemännern oder männlichen Verwandten. Das können wir uns heute ja nicht mal mehr Ansatzweise vorstellen. Aber auch die Ausbeutung der Arbeiter*innen und deren Kinder sowie deren Armut waren kaum auszuhalten. Und dazu noch die Arroganz und der Hochmut der Aristokratie. Das lässt einen meiner Lieblingsfilme („Sissi“) in einem ganz anderen Licht erscheinen…

Dabei sind die historischen Bezüge zur Arbeiter*innenbewegung und der politischen Lage wieder perfekt in die Geschichte um Irene und Franz eingebaut und hervorragend recherchiert. Beim Lesen kam mir immer wieder in den Sinn, dass mir das Lernen der Fakten und historischen Ereignisse zu Zeiten Kaiser Wilhelms II. und Otto von Bismarck viel leichter gefallen wäre und ich es nicht so furchtbar langweilig gefunden hätte, wenn unser Geschichtsunterricht damals in der Schule bspw. die Lage der Frauen und die Arbeiterinnenbewegung stärker in den Vordergrund gestellt hätte. Und wie man sieht, gibt es genügend „echte Anekdoten“ aus dieser Zeit, um den Unterricht zu veranschaulichen.

Toll fand ich in diesem Zusammenhang auch, dass im Anhang Wahrheit und Fiktion kurz auseinandergedröselt werden.

Fazit:

Mir hat es sehr viel Freude gemacht, den Weg von Irene und Franz, ihre Entwicklung und gemeinsame Geschichte, über die drei Bände hinweg zu verfolgen. Etwas traurig bleibe ich jetzt natürlich zurück, ob der Tatsache, dass ihre Geschichte nun zu Ende ist.

Und dabei habe ich mich früher nie für historische Romane begeistern können. Doch Autor*innen wie Marie Lacrosse zeigen, dass es vor allem auf das „wie“ ankommt.

Obwohl das Buch über 700 Seiten stark ist, habe ich es geradezu verschlungen und lediglich drei Abende (o.k. ich gebe zu, auch die halben Nächte) gebraucht, um es auszulesen.

Wer Romane mit einer Mischung aus Romantik, ein paar kleinen Intrigen, Beschreibungen über die Arbeit eines Weingutes und die Prozesse des Verkaufs sowie exzellent recherchierte historische Erzählungen zur Arbeiter*innenbewegung und den Zuständen in der Gesellschaft um 1900 zu schätzen weiß, hält mit dieser Trilogie einen wirklichen Bücherschatz in Händen. Der erste Band hat mich erst rückblickend so wirklich überzeugt, aber schon beim zweiten Teil war ich einfach nur froh, diese Reihe entdeckt zu haben. Wobei der dritte Band ist mein absolutes Lieblingsbuch dieser Geschichte ist. Da ist Marie Lacrosse wirklich ein Volltreffer gelungen.

Kostenloses Leserundenexemplar

Ich durfte an zwei Leserunden der Autorin auf Lovelybooks.de teilnehmen, in dessen Rahmen mir die Bücher als kostenlose Rezensionsexemplare zur Verfügung gestellt wurden. Dies beeinträchtigt in keiner Weise meine Bewertung. Ich danke Marie Lacrosse von ganzem Herzen für diese wunderbare Reihe. Da sich nicht nur die Geschichte um Irene und Franz, sondern auch die Bücher in meinen Augen von Band zu Band immer weiterentwickelt haben, zeigt, wie sehr sich die Autorin die Rückmeldungen der Leser*innen zu Herzen genommen hat, was sie mir noch sympathischer macht.

Infos

Titel: Das Weingut – Tage des Schicksals

Autorin: Marie Lacrosse

Verlag und Copyright: Goldmann

Copyright Umschlagsmotiv: Slow Images / Gettyimages / Max shen / FinePic, München

Seitenzahl: 736

Preis: 13 € (Klappenbroschur)

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