Der Papierpalast von Miranda Cowley Heller

Um ehrlich zu sein, habe ich lange hin und her überlegt, ob ich diesen Roman wirklich lesen will. Ihr wisst, dass mich Dreiecksgeschichten schnell triggern. Aber dann habe ich die ersten Seiten angelesen und da mir der Sprachstil gefiel, habe ich das Buch in Erwartung der unterhaltsamen Behandlung einer komplexen Frage (Sicherheit und Geborgenheit oder Leidenschaft und Veränderung) doch gekauft. Und um es gleich vorweg zu nehmen: ich wurde leider enttäuscht.

Klappentext

Elle Bishop geht hinunter zum See. Alle Sommer ihres Lebens hat Elle im Papierpalast verbracht, dem Ferienhaus ihrer Familie. Hier hat sie sich zum ersten Mal verliebt, Freundschaft und Schmerz erlebt, hier kam ihre Familie zusammen, brach auseinander, fand sich neu. Inzwischen ist Elle fünfzig, hat Kinder und einen liebevollen Ehemann. Und doch ist eine Erinnerung in ihr lebendig, die sie gut gehütet glaubte. Seit der Mann, den sie schon ihr ganzes Leben lang liebt, gestern auf sie zukam. Elle springt ins Wasser, sie muss sich entscheiden: Gehen oder bleiben?
Ein großer Roman über die Sommer unseres Lebens – und darüber, was es heute bedeutet, eine Frau zu sein.

Meine Meinung

Der Sprachstil ist genauso, wie ich es bei einem belletristischen Roman erwarten würde – wisst ihr, was ich meine? Miranda Cowley Heller schreibt fesselnd, auch wenn sie Alltagsgeschehnisse schildert. Sie schafft es, ein ganz intensives Sommerfeeling aufkommen zu lassen (ich kann direkt die Mücken surren hören), doch leider scheint diese locker-leichte Atmosphäre nicht ganz zu der tragischen Thematik zu passen.

Der Ich-Stil lässt uns alles durch die Augen der Protagonistin erleben, was unglücklicherweise bei einigen Passagen dazu führt, dass ich mich richtiggehend geekelt habe. Ehebruch ist doch schon Drama genug, warum auch noch Kindesmissbrauch und Tod?

Die Geschichte erstreckt sich über drei Zeitebenen:

  • Kindheit der Mutter der Protagonistin
  • Kindheit der Protagonistin
  • Gegenwart (erwachsene Protagonistin)

Es dreht sich also alles um Elle. Leider verliere ich durch die Zeitsprünge oft die Orientierung, wer gerade dran ist. Und das nervt etwas.

Ein Familienroman besticht i.d.R. durch seine Figuren und diese hier sind wirklich lebensecht gezeichnet. Doch leider kann mich auch dieser Aspekt nicht vom Buch überzeugen.

Der Protagonistin Elle kann man ihre innere Zerrissenheit durchaus anmerken. Was die Ereignisse in ihrer Jugend mit ihrem Charakter gemacht haben, kommt aber leider nicht durch. Gleiches gilt für ihre Mutter Eleonor.

Ihre Schwester Anna spielt auch eine größere Rolle, aber ihre Figur will sich mir einfach nicht erschließen.

Die Unwissenheit ihres Ehemannes Peter quält mich bis zum Schluss, insbesondere weil er so lieb dargestellt wird. Da fragt man sich schon, warum man so etwas lesen sollte…

Ihre drei Kinder verdeutlichen zwar das Dilemma, in dem sich Elle befindet, aber wirkliche Charaktere wurden ihnen nicht gegeben.

Ihre Jugendliebe Jonas spielt natürlich sowohl in der Gegenwart als auch in Elles Kindheits- und Jugendrückblicken eine Rolle; daher wundert es mich etwas, dass wir so wenig von ihm erfahren.

Seine Frau Gina und ebenso Elles Stiefvater Leo tauchen zwar auf, wirklich kennen lernen tun wir sie aber nicht. Ganz im Gegensatz zu Conrad, Leos Sohn. Sein Charakter verstört mich am meisten.

Fazit

Die Story gibt mir einfach nichts: keine Botschaft, kein Nachhall… Nur Düsternis.

Ich kann leider überhaupt nicht nachvollziehen, warum der Roman so gehyped wurde.

Bibliografie

Titel: Der Papierpalast
Autorin: Miranda Cowley Heller
Übersetzung: Susanne Höbel
Verlag und Copyright: Ullstein
Seitenzahl: 448
Erscheinungsdatum: 31. März 2022
Preis: 23,99 € (Hardcover mit Schutzumschlag)

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