Die Schachspielerin von Bertina Henrichs

Für meinen Stopp in Griechenland im Rahmen meiner literarischen Weltreise hatte ich ja tüchtig recherchiert. Und die Ausbeute konnte sich wirklich sehen lassen. Leider war mein erster buchiger Besuch im Land der Götter und Philosophen nicht so gelungen. Das hat Bertina Henrichs mit ihrem kleinen feinen Roman „Die Schachspielerin“ aber vollständig wieder Wett gemacht! Dabei ist es kein klassisches Fernwehbuch, aber die griechische Kultur sowie landestypische Gebräuche und Traditionen sind wunderbar leicht in die Geschichte eingewebt.

Die eigentliche Handlung ist tatsächlich gar nicht besonders aufregend

Die Griechin Eleni lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern auf der Insel Naxos. Sie arbeitet als Putzfrau in einem Hotel – zusätzlich zu ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter, aber dazu später mehr. Eines Tages wirft sie beim Saubermachen die Figuren einer aufgebauten Schachpartie im Zimmer eines französischen Pärchens um. Enttäuscht über sich selbst, weil sie nicht weiß, wie die in ihren Augen seltsamen Steine wieder richtig auf das Spielbrett zu setzen sind, entsteht die Idee, sie und ihr Mann könnten Schach lernen. Auch wenn dieser kein Interesse daran zeigt, hält Eleni an dem Gedanken fest. Heimlich beginnt sie, ihrer neu gewonnen Leidenschaft nachzugehen – doch irgendwann kommt es heraus. Warum jedoch eine schachspielende Frau ihren Mann damit zum Gespött der ganzen Insel machen kann, ist mir ein Rätsel…

Wird ihre Liebe zum Schach Eleni ihren Job und Ehemann kosten?

Zeitliche Einordnung der Geschichte

Anfangs habe ich mich gewundert, wie Eleni von ihrer Familie und insbesondere von ihrem Mann behandelt wird. Sie macht sich vor allen anderen auf den Weg zur Arbeit, natürlich nicht ohne ihrer Familie ein Frühstück zuzubereiten. Trotz der Tatsache, dass beide Elternteile arbeiten, obliegt ihr die ganze Hausarbeit. Ich begann mich also zu fragen, zu welcher Zeit der Roman spielt. Es muss nach 1965 gewesen sein, denn anscheinend war ein Wein dieses Jahrgangs etwas ganz besonderes. Aber sie bezahlen noch mit Drachmen, was auf eine Zeitlinie vor 2000 hindeutet. Ich tippe auf die 80er Jahre, denn da wurden Schachcomputer alltagstauglich. Das Frauenbild scheint aber noch aus den 50er Jahren zu stammen…

Sprachstil

Das Buch hat eine ganz eigene Atmosphäre, die Sprache wirkt etwas veraltet, passt aber hervorragend und lässt sich so gut lesen.

Charaktere

Die Geschichte kommt mit relativ wenigen Figuren aus – alle sind mit sehr viel Liebe zum Detail entworfen. Die Protagonistin Eleni war mir sofort sympathisch und ich habe mich auch sofort mit ihr solidarisiert. Das schien mir bei ihrer Familie und sog. „bester Freundin“ aber auch dringend nötig. Ihr Mann wirkt authentisch, wenngleich für meinen Geschmack etwas zu hörig auf die Meinung und das Ansehen in den Augen anderer. Dafür ist ihre Chefin eine Wucht. Und ihr ehemaliger Lehrer und Schachförderer? Knuffig, aber ich hätte gern noch erfahren, was zwischen ihm und seinem alten Freund Costa vorgefallen war.

Schach

Zu Beginn hat das Buch in mir große Lust geweckt, Schach zu lernen. Doch je mehr Eröffnungen und Verteidigungen Eleni pauken musste, desto mehr bewunderte ich zwar die Protagonistin für ihre Geduld und ihren Ehrgeiz, verlor aber selbst das Interesse, dieses Spiel zu erlernen.

Fazit

Mir ist dieses auf den ersten Blick recht unscheinbar wirkende Buch direkt ans Herz gewachsen.

Es ist einfach eine wunderschöne kurzweilige Geschichte, bestens geeignet, einige Stunden nach Griechenland zu entschwinden.

μια σαφή σύσταση ανάγνωσης

Infos

Titel: Die Schachspielerin

Autorin: Bertina Henrichs

Übersetzung: Claudia Steinitz

Verlag und Copyright: Diana

Seitenzahl: 172

Erscheinungsdatum: 02. Juli 2007

Preis: 8,99 € (Taschenbuch)

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