An diesem Buch kam wohl niemand auf Instagram vorbei. Und als ich es in der Buchhandlung angelesen habe, wollte ich gar nicht mehr aufhören! Schade nur, dass gerade keine Zugfahrt anstand, das wäre das Tüpfelchen auf dem i gewesen, es in der Bahn zu lesen.
Klappentext
Eduard Brünhofer, ehemals gefeierter Autor von Liebesromanen, sitzt im Zug von Wien nach München. Nicht unbedingt in der Absicht, sich mit der Frau frühen mittleren Alters im Abteil zu unterhalten. Schon gar nicht in der Absicht, mit ihr über seine Bücher zu sinnieren. Erst recht nicht in der Absicht, über seine Ehejahre mit Gina zu reflektieren. Aber Therapeutin Catrin Meyr, die Langzeitbeziehungen absurd findet, ist unerbittlich. Sie will mit ihm über die Liebe reden. Dabei gerät der Schriftsteller gehörig in Zugzwang.
Meine Meinung
Ihr merkt schon, ich fand die Geschichte grandios. Und ich wünschte wirklich, ich könnte mit euch über die Auflösung sprechen, denn die hat das Buch echt nochmal auf eine andere Ebene gehoben, weil rückblickend noch einmal alles durcheinander gewirbelt wird.
Doch von vorn: Das Buch kommt mit zwei Figuren aus oder eigentlich sind es drei, denn über Eduards Ehefrau Gina wird so viel gesprochen, dass ich das Gefühl habe, auch sie kennengelernt zu haben.
Die Psychologin Catrin ist mir allerdings nicht wirklich sympathisch, was vermutlich daran liegt, dass sie ohne Hemmungen mit Eduard flirtet, obwohl sie weiß, dass er verheiratet ist. Aber ihre Figur und ihr Verhalten wirken sehr lebensecht. Daniel Glattauer hat sie als sehr geschickte Gesprächsführerin gezeichnet, so wie sie Eduard die ganze Zeit ausfragt und dabei kaum etwas über sich Preis gibt. Rückblickend sehe ich sie natürlich in einem ganz anderen Licht.
Eduard selbst kreide ich die Flirterei selbstverständlich auch ein wenig an, andererseits wirkt die Beziehung zwischen ihm und seiner Frau sehr gefestigt, so dass ich ihm nicht wirklich zutraue, mehr aus dem Flirt werden zu lassen. Aber die Chemie zwischen ihm und Catrin lässt sich nicht leugnen und Daniel Glattauer hat ein Händchen dafür, die Dynamik des Gesprächs darzustellen. Doch auch das erscheint nach den letzten Seiten in einem anderen Licht.
Alles in allem ist der Charakter des Autors sehr gut gezeichnet, jedenfalls kaufe ich ihm ebenfalls alles ab. Durch den gewählten „Ich-Stil“ erhalten wir Einblicke in seine Gedanken und Gefühle, was es noch interessanter macht. Er will ja eigentlich gar nicht so viel über sich erzählen, doch als er es endlich geschafft hat, den Fokus mal von sich auf die Psychologin zu lenken, lockert der Wein erneut seine Zunge…
Daher glaube ich, dass Daniel Glattauer ein wirklich guter Beobachter ist, denn er beschreibt die Szenen präzise, bildhaft und atmosphärisch. Es kommt mir so vor, als würde ich die ganze Zeit Mäuschen spielen und alles hautnah miterleben.
Insgesamt ist die Sprache unterhaltsam, fesselnd und stimmungsvoll. Ich habe wirklich schon lange nicht mehr so häufig laut aufgelacht, wie in diesem Roman.
Und jetzt hoffe ich, dass ich euch so richtig neugierig machen konnte. Es ist wirklich schwer, diesen Roman zu rezensieren, ohne das Ende zu verraten. Denn das ändert alles, meine ganze Sicht auf die Geschichte, die Figuren und das Buch. Vermutlich wandert es jetzt auch direkt in den Lostopf für unseren eat.READ.sleep Lesekreis.
Fazit
Ich fand die Grundidee, dass sich eine Zufallsbekanntschaft aus einer Therapeutin und einem Autor von Liebesromanen über Liebe, Ehe, Leidenschaft & Co unterhält, sehr spannend. Und so habe ich „In einem Zug“ in einem Zug durchgesuchtet.
Gott sei Dank erfuhr ich erst später, dass der Autor auch „Gut gegen Nordwind“ geschrieben hat (fand ich fürchterlich), denn dann hätte ich dieses Buch nie in die Hand genommen. Doch so konnte ich mich ganz ohne Vorbehalte in die Geschichte fallen lassen und wurde exzellent unterhalten.
Bibliografie

Titel: In einem Zug
Autor: Daniel Glattauer
Verlag & Copyright: Dumont
Seitenzahl: 208
Erscheinungstermin: 13.01.2025
Preis: 24 € (Hardcover)