Madame Curie und die Kraft zu Träumen von Susanna Leonard

Natürlich wusste ich, wer Marie Curie war. Also zumindest verband ich ihren Namen mit einem Nobelpreis für Chemie und dem Thema Radioaktivität. Doch das war eigentlich auch schon alles. Hättet ihr mich jedoch nach einer „Mania“ Sklodowska gefragt, wären nur Fragezeichen in meinen Augen erschienen. Nach der Lektüre kenne ich nicht nur den Mädchennamen von Marie Curie, sondern habe so viel Interessantes erfahren dürfen, obwohl ich doch „nur“ einen historischen Liebesroman über eine starke Frau und Wissenschaftlerin gelesen habe.

Bspw. weiß ich jetzt, dass sie in Polen geboren und aufgewachsen ist, später in Paris Physik und Mathematik studierte, weil ihr das als Frau in ihrer Heimat verboten war (unglaublich oder), ihren ersten Nobelpreis in Physik erhielt, in ihr eine leidenschaftliche Patriotin steckte, Polonium seinen Namen ihrer Heimat verdankte und vieles mehr.

Handlung und Aufbau

Rückblickend erzählt Marie Curie aus ihrem Leben. Den Rahmen bildet das Jahr 1926. Pierre ist bereits verstorben und wir dürfen Mäuschen spielen, während die Nobelpreisträgerin verschiedenen Ratsuchenden die jeweils passende Geschichte aus ihrem eigenen Leben offenbart.

Drei Episoden werden uns geschildert:

  • Ihre Kindheit und Jugend, insbesondere die Schulzeit.
  • Ihre Zeit als Privatlehrerin auf dem Land, wo sie ihrer ersten großen Liebe begegnete.
  • Ihr beschwerlicher Weg zur berühmten und vor allem anerkannten Wissenschaftlerin.

Diese Struktur der Erzählung hat mir ausgesprochen gut gefallen. Überhaupt nahm mich der Sprachstil von Susanna Leonard sofort gefangen, ich bin regelrecht in die Geschichte eingetaucht.

Charaktere

Marie Curie war wirklich eine ganz bemerkenswerte Frau. Und die Autorin schafft es auf ganz besondere Weise, ihr Wesen einzufangen und mir als Leserin so nahe zu bringen, dass ich fast überzeugt bin, sie zu kennen. Ich konnte die aufgeladene Atmosphäre regelrecht spüren, wenn Marie Curie wieder einmal Diskriminierung, Rückschläge und Niederlagen hinzunehmen hatte. Und wie beeindruckend sie ihre Wut in andere Bahnen, vor allem Ehrgeiz und Engagement, umzulenken vermochte.

Wie so oft, wenn ich historische Romane lese, in denen deutlich wird, wie sehr Frauen für ein kleines Stück Gleichbehandlung oder Selbstbestimmung kämpfen mussten, überkommt mich bei der Lektüre tiefe Dankbarkeit für all die Vorreiterinnen, die meiner und späteren Generationen den Weg ebneten. Für mich stand außer Frage, dass ich ebenso wie mein Bruder studieren konnte. Und selbstverständlich durfte ich heiraten, wen ich wollte!

Natürlich haben es Frauen in wissenschaftlichen Karrieren auch in der heutigen Zeit noch schwerer als ihre männlichen Kollegen. Aber kaum vorstellbar, welche Kämpfe Wissenschaftlerinnen Ende des 19. Jahrhunderts auszutragen hatten. Und wie entmutigend mag die Zuschreibung eigener Forschungsergebnisse zum Ehemann gewesen sein. Als Marie Curie den Nobelpreis gewann, durfte sie noch nicht einmal mit auf die Bühne, sondern musste bei den Zuschauern Platz nehmen!

An Pierre verdeutlicht Susanna Leonard, dass es aber auch Männer nicht leicht hatten, wenn sie nicht aus der richtigen Familie stammten oder die entsprechenden Schulen besucht hatten.

Besonders gut hat mir gefallen, wie viele berühmte Wissenschaftler eingebaut wurden: Nobel, Kelvin, Einstein, Rutherford, Mendelejew… Aber ob Pierre Curie wirklich so unergeizig, Bequerel so arrogant war?

Einziger Wehmutstropfen

Man erfährt zum Schluss leider nur, welche Biografien die Autorin zu Grunde legt, aber nicht wieviel Fiktion ihr Roman enthält. Schade.

Im Dienste der Wissenschaft

Was mich beim Lesen furchtbar aufgeregt hat –was aber nur ein weiterer Beweis für Susanna Leonards authentische Charaktere ist – war, wie leichtsinnig die Wissenschaftler*in mit neuen unbekannten Stoffen umgingen und vor allem nicht nur sich selbst, sondern auch andere in Gefahr brachten. Lt. der Autorin waren Marie Curie die Zusammenhänge durchaus bewusst, nur verschloss sie die Augen davor.

MINT ist cool!

Beim Lesen bekommt man direkt Lust auf eine Naturwissenschaftliche Vorlesung oder ein hübsches Experiment. Daher finde ich solche Romane auch so wichtig, denn sie führen uns spielerisch an Themen heran, derer wir uns sonst vielleicht niemals angenommen hätten.

Es interessieren sich immer noch viel zu wenig Mädchen und Frauen für Naturwissenschaften. Dabei gibt es mittlerer Weile so tolle Projekte! Wenn ihr eine Uni in der Nähe habt, schaut doch mal, welche Programme es für junge Forscherinnen gibt. In Göttingen gibt es fantastische Angebote in der Kinderuni, am X-Lab oder DLR School Lab.

Fazit

Ich liebe Bücher, die den Lesegenuss eines Romans mit dem Wissen einer Biografie oder eines Fachbuches vereinen. Virtuos vermischt die Autorin Fakten und Fiktion zu einem authentischen und unterhaltsamen Portrait der Nobelpreisträgerin. Angereichert mit Hintergrundinformationen aus Politik, Geschichte und Wissenschaft entsteht eine elegante und stimmige Liebesgeschichte, die ich nur jedem ans Herz legen kann.

Und die Moral von der Geschicht‘

In unserer heutigen schnelllebigen Zeit, geben wir oftmals viel zu leichtfertig auf, lassen uns von unseren Träumen abbringen, sind den steinigen Weg nicht mehr gewohnt und wählen lieber den einfachen, der uns jedoch selten glücklich macht. Der Untertitel bringt es auf den Punkt: Es braucht Kraft, um an Träumen festzuhalten und dieses Buch ist ein einziger Appell daran.

Kostenloses Rezensionsexemplar

Das Buch wurde mir als Rezensionsexemplar von Vorablesen.de zur Verfügung gestellt. Dies beeinflusst in keiner Weise meine Meinung.

Infos

Titel: Madame Curie und die Kraft zu träumen

Autorin: Susanna Leonard

Verlag und Copyright: Ullstein Taschenbuch

Seitenzahl: 464

Erscheinungsdatum: 31.08.2020

Preis: 11 € (Taschenbuch)

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